Im Vatikan wird schon seit 500 Jahren Fußball gespielt

Schweizergarde gegen Vatikanische Museen

Der jährliche Kleriker-Cup, eine eigene Liga und sogar Frauenteams. Der Vatikan-Experte Ulrich Nersinger blickt in seinem neuen Buch in die Fußballszene des Vatikan. Und er weiß, mit welchem Fußballstar Benedikt XVI. verwandt ist.

Spiel der vatikanischen Frauen-Fußballmannschaft (in gelb) gegen die Frauen-Fußballmannschaft des AS Rom / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Spiel der vatikanischen Frauen-Fußballmannschaft (in gelb) gegen die Frauen-Fußballmannschaft des AS Rom / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Es gibt sogar ein päpstliches Fußballteam der Frauen, das 2018 seinen ersten Auftritt hatte. Es gibt also so viele fußballbegeisterte Frauen im Vatikan, dass man eine ganze Mannschaft zusammenbekommt?

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Ulrich Nersinger (Journalist und Vatikan-Experte): Ja, die gibt es. Wir haben auch seit den 1970er Jahren eine regelrechte Fußballliga im Vatikan. Es gab nur das Problem, dass man keine Teams in der vollen Mannschaftsstärke zusammen bekam. Das war durch die Gegebenheiten begründet. Denkt man nur an die Schweizergarde, da musste immer auf den Dienstplan geschaut werden.

Also, es gab schon länger Fußballmannschaften im Vatikan. Die spielten dann aber in einer besonderen Form, dem sogenannten "Calcetto". Das ist ein Fußballspiel, das nur von jeweils fünf Personen ausgetragen wurde.

DOMRADIO.DE: Wie kam es dazu, dass sich eine Frauenmannschaft gegründet hat?

Nersinger: Wir haben im Vatikan schon seit einiger Zeit sehr starke frauliche Aktivitäten im Sportbereich. Wenn es schon mehrere Männer-Mannschaften gibt, warum dann nicht auch Frauen-Teams? Diese Idee ist im Vatikan, beim Papst und bei der ganzen Kurie auf fruchtbaren Boden gestoßen. Da gab es kein großes Naserümpfen.

Ulrich Nersinger

"Wir haben im Jahr 1521 das erste Fußballspiel im Vatikan dokumentiert."

DOMRADIO.DE: Wo trainieren denn die Teams, denn im Vatikan ist nicht so viel Platz für ein ganzes Fußballfeld, oder?

Nersinger: Nein, das nicht. Es gibt aber außerhalb des Vatikan teilweise auf exterritorialen Gebieten Fußballplätze. Es gibt auch Fußballplätze, die schon in den 1950er Jahren nach Päpsten benannt worden sind. Wir haben in Rom einen Fußballplatz, der nach Papst Pius XII. benannt worden ist. Also, außerhalb des Vatikanstaates gibt es eine ganze Reihe von Plätzen, die genutzt werden.

DOMRADIO.DE: Männerfußball im Vatikan gibt es schon länger und zwar mit mehreren Mannschaften, wie Sie sagten. Wo liegen denn da die Anfänge?

Nersinger: Wir haben im Jahr 1521 das erste Fußballspiel im Vatikan dokumentiert. Da wurde im Belvedere Hof des Palastes ein Spiel ausgetragen, der sogenannte "Calcio fiorentino", also der "Florentiner Fußball". Das war eine Art Vorform des Fußballs, etwas brutaler als der Fußball. Man kann es ein bisschen mit Rugby vergleichen. Das war ein Sport, der in Florenz vom Adel und den höheren Gesellschaftsschichten betrieben wurde.

Papst Franziskus spielt Tischfußball nach der Generalaudienz / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus spielt Tischfußball nach der Generalaudienz / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Wir wissen, dass mindestens drei Päpste - fast alles Medici-Päpste - in ihrer Jugend diesem Sport gehuldigt haben.

Es gibt eine historisch belegte lustige Begebenheit, die besagt, dass einer dieser Päpste bei der Audienz seine Soutane leicht hob und die Wunden am Bein zeigte, die er sich beim Spiel in der Jugend zugefügt hatte. So gesehen hat der Vatikan schon eine sehr, sehr alte Tradition.

DOMRADIO.DE: Mittlerweile gibt es eine eigene Fußball-Liga. Wie viele Clubs spielen da?

Nersinger: Das hängt ein bisschen von den Gegebenheiten ab. Die Clubs sind zum Beispiel die Schweizergarde, die Vatikanischen Museen oder die Dombauhütte von Sankt Peter. Es existieren eine ganze Reihe von Fußballclubs, die sehr aktiv sind und eigentlich jedes Jahr so einen Wettkampf austragen.

DOMRADIO.DE: Eine richtige Meisterschaft mit Champion am Ende?

Nersinger: Ja, sogar mit einem Cup. Daneben gibt es noch andere Fußballturniere wie den sogenannten "Clericus-Cup". Da tragen Seminaristen und Ordensleute in Rom eine Art Meisterschaft aus.

Ulrich Nersinger

"Der richtig große Fußballfan im Vatikan ist Papst Franziskus"

DOMRADIO.DE: Ihr Buch "Himmelsstürmer" über die Geschichte des vatikanischen Fußballs erscheint Mitte nächster Woche. Wie sind Sie denn auf die Idee für dieses Buch gekommen?

Nersinger: Ich bin bei Recherchen immer wieder auf dieses Thema gestoßen. Manchmal ist das auch mit sehr lustigen Bemerkungen verbunden. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. konnte beispielsweise mit dem Fußball nicht so viel anfangen. Es wird aber von einer herrlichen Begebenheit beim Weltjugendtag in Köln 2005 berichtet. Da hat er den früheren brasilianischen Weltstar Pelé getroffen, der ein engagierter Katholik ist und zu ihm gesagt: "Ach, Sie sind Brasilianer."

Fußball-Legende Pele feiert am 23. Oktober seine 80. Geburtstag / © Antonio Lacerda/EFE (dpa)
Fußball-Legende Pele feiert am 23. Oktober seine 80. Geburtstag / © Antonio Lacerda/EFE ( dpa )

Er hatte also gar keine Ahnung, wen er da vor sich hatte. Obwohl Benedikt XVI. auch mit einem ganz bekannten Fußballer verwandt ist. Man hat herausgefunden, dass er weitläufig mit dem deutschen Weltmeister von 1974, Paul Breitner verwandt ist.

Aber der richtig große Fußballfan im Vatikan ist natürlich Papst Franziskus. Der ist ein begeisterter Fußballer. Im Buch findet man auch drei Ansprachen von ihm über den Fußball, wo er alle Aspekte des Fußballs deutet und man merkt, mit welchem großen Engagement er dabei ist.

Das Interview führte Hannah Krewer.

Buchtipp: Ulrich Nersinger, "Himmelsstürmer"

Ein Blick in die Geschichte des vatikanischen Fußballs

Fußball gilt als eine der schönsten Nebensachen der Himmelsstürmer Welt. Sogar im Vatikan ist er keine terra incognita, kein unbekanntes Terrain, auch wenn nicht alle Päpste Fußballfans waren und sind. Im Kirchenstaat gibt es etliche Fußballmannschaften und eine eigene vatikanische Fußball-Liga. Die Päpste empfangen Nationalmannschaften und werden selbst zu Ehrenmitgliedern bedeutender Clubs ernannt. Dieses Buch bietet einen kleinen Blick in die Welt des vatikanischen Fußballs in Geschichte und Gegenwart.

Eine Frau liest in einem Buch / © j.chizhe (shutterstock)
Eine Frau liest in einem Buch / © j.chizhe ( shutterstock )
Quelle:
DR
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