Nur der Tod ist umsonst – das Sprichwort stimmt längst nicht mehr. Bestatter, Steinmetz, Friedhof: Das alles kostet ziemlich viel Geld. So können leicht rund 6000 Euro zusammenkommen - ohne Grabpflege. Immer mehr Hinterbliebene können sich das nicht leisten. In solchen Fällen übernimmt die öffentliche Hand die "erforderlichen Kosten einer Bestattung". Welche das sind, lässt das Gesetz offen.
Ist ein Grabstein schon zu üppig?
Die Sozialämter springen immer häufiger ein: Bekamen in Deutschland nach Angaben des statistischen Bundesamtes 2006 noch rund 13.800 Menschen finanzielle Hilfe bei der Bestattung ihrer Angehörigen, waren es 2013 knapp 23.500. Die Kosten stiegen in diesem Zeitraum von 41,3 Millionen auf 60,61 Millionen Euro.
Welche Leistungen erstattet werden, ist aber nicht einheitlich geregelt. Vorgesehen ist ein einfaches, aber würdiges, ortsübliches Begräbnis. Das wirft Fragen auf: Bekommt der Verstorbene einen Grabstein? Wie üppig darf die Dekoration der Kapelle ausfallen? Wer kommt für die Bepflanzung des Grabes auf?
Woelki: Friedhöfe sind Spiegel der Gesellschaft
Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hatte sich in der Vergangenheit zu einer bewussteren Auseinandersetzung mit dem Thema Tod aufgerufen. So wandte er sich gegen den Trend zu anonymen Bestattungen. Wer sich so beisetzen lasse, sei "dem Gedenken der Gemeinschaft entzogen", sagte er. "Es gibt keinen Ort für das Grablicht", kritisierte der Berliner Erzbischof.
"Die Enkel wissen nicht, wo die Großmutter beerdigt ist. Sie können keine Blumen aufs Grab stellen und ihr, so wie früher, anvertrauen, was sie auf dem Herzen haben." Friedhöfe seien Spiegelbilder der Gesellschaft, sagte Woelki noch zu seiner Zeit als Erzbischof von Berlin. Es sei ihnen anzusehen, ob sie ein Ort seien, "an dem Lebende und Tote sich treffen oder eine letzte Deponie".
Unter Bäumen entlang, an der Kapelle vorbei gelangt man zu dem Bereich, wo auf dem Friedhof in Berlin-Karlshorst die Grabstellen für Sozialbestattungen angelegt sind. An manch einen Verstorbenen erinnert hier statt eines Grabsteins ein kleines weißes Schild. In schwarz sind eine Nummer, der Name und die Lebensdaten des Verstorbenen eingestanzt. Die Gräber liegen dicht nebeneinander in einer Reihe. Auf manchen von ihnen steht auch ein Grabstein. Und auf fast allen Gräbern wachsen Pflanzen.
Linke spricht von Armenbegräbnissen
Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann findet: Sichtbare Armenbegräbnisse seien eines Sozialstaates unwürdig. "Notwendig sind verbindliche und bundesweit einheitliche Standards, die ein Mindestniveau an Bestattungskultur und Menschlichkeit garantieren und über das bloße "unter die Erde bringen" hinausgehen."
Auf dem Friedhof Karlshorst sind rund 75 der 800 Beisetzungen im Jahr Sozialbestattungen, die meisten davon sind Urnenbeisetzungen. Bernd Thürling ist dort seit 1998 Friedhofsverwalter. "Wenn jemand ins Pflegeheim kommt, gibt er häufig seine Ersparnisse dafür aus. Für die Bestattung ist dann oft nichts mehr übrig", erklärt Thürling. Die Sozialbestattungen seien zwar einfacher, aber nicht unwürdig.
Der 60-Jährige findet es zum Beispiel tröstlich, wenn auf der Trauerfeier Musik gespielt wird, die der Verstorbene zu Lebzeiten gemocht hat - auch wenn die von einer CD und nicht von einem Organisten kommt. Klassische Musik, aber auch Eric Clapton, Herbert Grönemeyer, die Beatles oder auch die Stones: "Individuelle Musik macht eine würdige Bestattung mit aus." Auf den Kosten für den Organisten sei die Friedhofsverwaltung das ein oder andere Mal sitzen geblieben, sagt Thürling.
Sozialbestattungen dürften in Zukunft nicht weniger werden - eher im Gegenteil. Die Linken-Abgeordnete Zimmermann erwartet aufgrund zunehmender Altersarmut einen weiteren Anstieg. Sie fürchtet, dass die Kommunen die Übernahme der Kosten senken könnten. "Dabei wäre es in vielen Regionen notwendig, die Leistungen anzuheben, um auch armen Menschen ein würdevolles Begräbnis zu Teil werden zu lassen."