Während überwiegend in wohlhabenden Staaten der Welt die Impfungen gegen das Virus angelaufen seien, müssten die meisten Menschen Afrikas darauf noch Monate oder gar Jahre warten, teilte Misereor am Freitag in Aachen mit. Zahlen der Afrikanischen Union zufolge wurden inzwischen 3,3 Millionen Infektionen erfasst, fast 82.000 Menschen starben an deren Folgen.
Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel erneuerte angesichts der Benachteiligung vieler Länder des globalen Südens seine Forderung nach mehr Impfgerechtigkeit. "Die Armgemachten und Verletzlichsten müssen dabei eine Priorität haben", sagte er. Papst Franziskus habe auch kürzlich an die Regierungen in aller Welt appelliert, der Versuchung eines "Impfnationalismus" zu widerstehen und sie dazu gedrängt, in der Impf-Frage zu kooperieren anstatt zu konkurrieren.
Situation in Südafrika besonders dramatisch
Das könne konkret bedeuten, dass Regierungen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) darin stärken, globale Impfprogramme zu koordinieren sowie Forschungs- und Produktionskapazitäten auch in Afrika aufzubauen. Impfstoff-Hersteller könnten laut Spiegel zudem befristet auf Patenteinnahmen verzichten.
Misereor betonte, dass die Situation aktuell in Südafrika besonders dramatisch sei. Nach Angaben des Leiters der Dialog- und Verbindungsstelle von Misereor in Johannesburg, Desire Nzisabira, sind in vielen Krankenhäusern des Landes die Intensivstationen überfüllt. "Dadurch ist es teilweise nicht mehr möglich, Menschen mit anderen lebensbedrohlichen Krankheiten außer Covid-19 die notwendige Behandlung zukommen zu lassen. Und wo es noch freie Intensivbetten gibt, fehlt oft das Personal, da viele Menschen aus den Gesundheitsberufen während der ersten Welle dem Coronavirus zum Opfer gefallen sind", beklagte er.
Corona verdeutliche große soziale und ökologische Krisen
In der Demokratischen Republik Kongo ist Misereor zufolge das Gesundheitssystem auch ohne Pandemie überfordert. Besonders auf dem Land fehle es an Infrastruktur, gut ausgebildetem und bezahltem Personal sowie Medikamenten.
Spiegel mahnte zudem, über das Impfthema hinaus die tieferen Ursachen der Corona-Pandemie entschlossen anzugehen. Die Virus-Krise habe andere große Krisen insbesondere auf sozialem und ökologischem Gebiet wie unter einem Brennglas verschärft deutlich gemacht.
