Jesus habe niemals eine Segnung verweigert. "Das ist der Grundgedanke", sagte der Erzbischof von Mumbai Gracias, ein enger Berater von Papst Franziskus, dem US-Portal "Crux" (Freitag). Zudem sei die Bitte um Segnung in der indischen Kultur ein weithin üblicher Brauch. "Unsere indische Mentalität ist so inklusiv und verständnisvoll für Menschen anderer Religionen und Glaubensrichtungen", so der Kardinal.
Kontroverse beruht auf einem Missverständnis
"Alle suchen nach Gott, alle suchen nach der Wahrheit, alle suchen nach Spiritualität." Die Kontroverse in Indien über "Fiducia supplicans" beruhe auf einem Missverständnis. "An der kirchlichen Lehre von der Ehe zwischen Mann und Frau ändert sich überhaupt nichts. Die Tradition der Kirche und des Lehramtes ist sehr klar und es gibt überhaupt keinen Widerspruch", betonte Gracias.
Das neue Vatikan-Papier vom 18. Dezember gestattet erstmals die Segnung von homosexuellen, unverheirateten und wiederverheirateten Paaren. Zugleich hält das Schreiben fest, dass Geistliche solche Paare nicht bei einem Gottesdienst segnen dürfen. Auch muss eine Verwechslung mit einer kirchlichen Trauung ausgeschlossen werden.
Kriminalisierung von Homosexualität verfassungswidrig
Innerkirchlich löste das Dokument ein geteiltes Echo aus. Vor allem in Afrika und Osteuropa, aber auch in Teilen Lateinamerikas stößt es auf massive Ablehnung. Homosexualität ist auch in der mehrheitlich hinduistischen Gesellschaft Indiens ein kontroverses Thema. Im Oktober lehnte das Oberste Gericht eine Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen ab.
Es sei das Vorrecht des Gesetzgebers, über eine Änderung des Eherechtszu entscheiden, hieß es in dem Urteil. Im September 2018 entschied das Gericht indes einstimmig, dass eine Kriminalisierung von Homosexualität verfassungswidrig sei – und hob den noch aus der britischen Kolonialzeit stammenden Paragrafen 377 auf.