Für die Belange der Benediktiner weltweit spricht ihr Abtprimas. Dass er auch die Stimme der Benediktinerinnen sein soll, gefällt den Ordensfrauen längst nicht mehr.
Im 21. Jahrhundert, finden sie, sollten die benediktinischen Frauengemeinschaften nicht mehr nur ein Anhängsel der Benediktinischen Konföderation, also des internationalen Zusammenschlusses der Männer, sein. Damit die Männer- und Frauenorden tatsächlich auf Augenhöhe agieren könnten, so die Überzeugung, müsste endlich auch die Internationale Gemeinschaft der Benediktinerinnen (CIB) als eigenständiges Subjekt des Kirchenrechts anerkannt werden.
Neues Institut für Ordensrecht
Warum hat ein Abt bis heute mehr Kompetenzen als eine Äbtissin – auch unabhängig von der Priesterweihe? Warum sind die Mindest-Ausbildungszeiten für Nonnen mehr als doppelt so lang wie die für Mönche?
Fragen wie diese beschäftigen Schwester Scholastika Häring schon seit langem. Sie ist promovierte Kirchenrechtlerin und erarbeitet aktuell in einer vierköpfigen Kommission mit Kolleginnen aus vier Ländern Vorschläge, wie eine wirkliche Gleichstellung der Benediktinerschwestern mit den Benediktinerbrüdern im Detail aussehen könnte.
Auch diese Erfahrungen bringt sie mit ein, wenn sie jetzt gemeinsam mit ihrer Mitschwester Lydia Schulte-Sutrum das neue Institut für Ordensrecht betreibt. "Mit dem Institut in unserer Abtei Burg Dinklage betreten wir einerseits Neuland, sind aber andererseits tief in der benediktinischen Tradition verwurzelt", sagt Sr. Scholastika.
Neuland deshalb, weil es eine ähnliche Einrichtung, die unter anderem eine Rechtsberatung speziell für Ordensfrauen anbietet, so bisher nicht gab. Beratend zur Seite stehen wollen die Dinklagerinnen nun Benediktinerinnen auf der ganzen Welt; zum Beispiel auch solchen, die von kirchlichen Institutionen benachteiligt wurden oder von Missbrauch betroffen sind.
Bedarf dürfte da sein
Selbstverständlich, so Sr. Scholastika weiter, können sich auch Angehörige anderer Ordensgemeinschaften an sie wenden. Der Bedarf dürfte da sein, wurden in den vergangenen Jahren doch immer wieder Fälle publik, in denen Ordensfrauen von Geistlichen ausgebeutet, gar Opfer sexualisierter Gewalt oder geistlichen Missbrauchs durch Kleriker wurden.
"Wir können da sicher anders helfen, als wenn sich die betroffenen Frauen an Kirchenmänner wenden müssen." Ordensfrauen, so der Gedanke, müssen darüber hinaus generell ermächtigt werden, ihre Interessen auf Augenhöhe mit kirchlichen Amtsträgern zu vertreten. Oft sind es da ganz banale Alltagsprobleme, in denen ein einfacher Rat Not tut, zum Beispiel was zu tun ist, wenn eine Schwester für längere Zeit außerhalb der Gemeinschaft lebt.
Vernetzungsgedanke im Mittelpunkt
Neben der Beratung stehe vor allem auch der Vernetzungsgedanke im Mittelpunkt, sagt Sr. Scholastika. Vernetzung aber, also der grenzüberschreitende Kontakt zu anderen Gemeinschaften und ihren einzelnen Mitgliedern, sei doch in der DNA des Benediktinerordens festgeschrieben. Ausdrücklich wollen sie auch die Anregungen und Probleme von Schwestern in ärmeren Ländern in ihre Arbeit einbeziehen und gerade denen eine Stimme geben, die sonst kaum gehört werden.
"Es ist außerdem sehr benediktinisch, zu schauen, was gerade dran ist." Und jetzt, davon ist die Ordensfrau zutiefst überzeugt, ist es höchste Zeit, die Position Frauen in der katholischen Kirche grundlegend zu verbessern.
"Das Ordensrecht ist ein Rahmen, der einigen Freiraum lässt", so Sr. Scholastika. Diese Freiräume gelte es jetzt im Sinne der Frauenorden zu nutzen – und ein Weg dazu sei die zeitgemäße Auslegung des Ordensrechts. Und so sei die Neukommentierung des Ordensrechts im Münsterischen Kommentar zum Codex Iuris Canonici (CIC) – dem einschlägigen deutschsprachigen Standardwerk zum Kanonischen Recht, ein wichtiges Vorhaben, das 40 Jahre nach Erscheinen des CIC dran sei. "Unser Ziel ist auch hier, die Stellung der Frau in der Kirche zu verändern, indem wir ein neues Verständnis und eine neue Struktur entwickeln."
Und apropos neue Struktur: Sr. Scholastika hat als Kirchenrechtlerin maßgeblich daran mitgewirkt, dass sich in den vergangenen Jahren die Europäische Benediktinerinnen Kongregration von der Auferstehung formieren konnte. Sr. Lydia wirkt als Sekretärin gleichfalls auf dieser Ebene mit. Gemeinsam und solidarisch wollen sie jetzt den steinigen Weg zur vollen Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche beschreiten – und verstehen sich durchaus als Modell auch für andere Gemeinschaften.