DOMRADIO.DE: Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise besonders bei der Integration von Flüchtlingen?
Klaus Hagedorn (Koordinator der Flüchtlingshilfe im Erzbistum Köln): Einmal ist richtig festgestellt worden, dass die Geflüchteten eine Gruppe sind, die natürlich auf den schnellen Spracherwerb angewiesen ist. Die Sprachkurse und Angebote sind ja erst einmal im großen Maße eingestellt worden. Zum zweiten ist es so, dass viele Geflüchtete zügig in Arbeit kommen und dabei Arbeitsplätze haben, die als erste gefährdet sind: wenn Gastrobetriebe schließen und das Hotelgewerbe zusammenbricht.
DOMRADIO.DE: Wie reagiert denn die Flüchtlingshilfe im Erzbistum Köln darauf?
Hagedorn: Ein wichtiger Anker ist die Flüchtlingsberatung der Caritas. Hier habe ich erlebt, dass die Beratungsstellen sehr schnell auf online umgeschaltet haben. Sie haben mit ihren Besucherinnen und Besuchern über WhatsApp, Facebook und andere Medien Kontakt gehalten. Ebenso haben das die Ehrenamtlichen gemacht. Wir konnten die Flüchtlings-Beratungsstellen dann wiederum in einem guten Kontakt mit den Ehrenamtlichen halten. Im Sommer war das alles einfach: Da konnten die Leute rausgehen, da konnte man durch das Fenster beraten. Das wird jetzt im Winter alles ein bisschen schwieriger. Viele Flüchtlingsinitiativen sind sehr kreativ geworden in der Corona-Krise, um trotzdem Angebote auf online zu schalten: Es gab Mal-Angebote, es gab Kreativ-Angebote, es gab Sprach-Lern-Angebote. Das wurde alles sehr schnell umgesetzt. So sind wir durch die Krise gekommen.
DOMRADIO.DE: Welche Schwierigkeiten gibt es denn bei der Umstellung auf digitale Angebote?
Hagedorn: Erst einmal gibt es da die Schwierigkeit, dass sich Familien die digitale Ausstattung schlichtweg nicht leisten können. Hier sind wir im Erzbistum auch mit dabei, die staatlichen Programme zu unterstützen. Es gibt dieses schöne Programm "Fit for future", des Diözesanrates - eine Spendenaktion, die nach wie vor läuft, um besonders benachteiligte Jugendliche und Kinder durch die Katholischen Jugendagenturen zu unterstützen. Es gibt aber auch Schwierigkeiten, weil in den Flüchtlingsunterkünften oft kein ausreichendes WLAN vorhanden ist. Es gab einige Bestrebungen, gerade unseres Diözesan-Caritasverbandes, das zu lösen. Da sind die Behörden nicht immer so schnell, dieses Problem zu erkennen und mitzumachen. Ich habe mir berichten lassen, dass sich beispielsweise in den Flüchtlingsunterkünften an bestimmten Stellen, wo das WLAN stabil war, eine Kohorte gebildet hat. Das ist in der derzeitigen Lage nicht besonders angemessen.
DOMRADIO.DE: Was muss die Politik tun, damit in der Coronakrise die Flüchtlingsarbeit nicht außer Acht gerät?
Hagedorn: Der Integrationsgipfel am Montag in Berlin hat ein gutes Signal gesendet, indem deutlich wurde: Jetzt erst recht. Jetzt brauchen wir die schnelle Aufnahme, die schnelle Erst-Integration. Wir brauchen eine schnelle Teilhabe von Geflüchteten und anderen Migranten an Bildungsangeboten und am Arbeitsmarkt. Ich habe die Pressekonferenz gesehen und hatte das Gefühl, dass das ein ernsthaftes Signal ist. Jetzt geht es darum, die Pläne, die gestern vorgestellt worden sind, in Handeln umzusetzen.
DOMRADIO.DE: Was kann jeder Einzelne tun, um den Menschen zu helfen, die aus Kriegs- und Krisengebieten zu uns kommen?
Hagedorn: Wir haben ja eine sehr stabile Situation. Wir haben immer noch mit acht bis 10.000 Ehrenamtlichen allein in der Aktion neue Nachbarn zu tun. Es ist aber immer noch ein großes Potenzial da. Wir haben sehr viele Patenschaftsprojekte, beispielsweise die Job-Patenschaften, wo es um berufliche Integration geht. Da können wir immer Leute gebrauchen. Wir können nur raten: Meldet euch bei uns und wir haben einen passenden, großartigen Job für Ehrenamtliche.
Das Interview führte Carsten Döpp.