Die Kölner Gruppe sitzt schon im Bus: an die 20 Stunden sind es bis in die slowenische Hauptstadt Ljubljana, wo in diesem Jahr das internationale Taizé-Jugendtreffen stattfindet. Aber das lohne sich immer, sagt Jonas Grüßem, der schon zum zehnten Mal dabei ist. "Jedes Land ist anders und hat andere Kulturen und christliche Traditionen", sagt der 28-Jährige und freut sich darauf, sie kennenzulernen. Gemeinsam mit einer Pilgergruppe, die die Katholische Jugendagentur kja organisiert hat, reist er zu diesem Silvesterfest der besonderen Art.
Vier Tage stehen in Ljubljana gemeinsame Gebete, Gesang, Gesprächsangebote und Bibelarbeit auf dem Programm, vor allem aber geht es um den internationalen Austausch und die Begegnung. Darauf freut sich Jonas Grüßem besonders: Christen unterschiedlicher Konfessionen kennenzulernen, findet er spannend: "Ich möchte auch einheitsstiftend sein", sagt er, "und es gibt mir das Gefühl, dass wir als Christen nicht alleine unterwegs sind. Das gibt mir Kraft für den Alltag, auch in schwierigen Momenten zu wissen: Ich bin nicht alleine!"
Tradition seit über 40 Jahren
Die Bruderschaft von Taizé, die ihren Sitz im französischen Burgund hat, lädt bereits seit 1978 Jugendliche und junge Erwachsene zur Jahreswende zu Europäischen Jugendtreffen ein, die immer in einer anderen europäischen Metropole stattfinden. Die Treffen finden in der Regel vom 28. Dezember bis 1. Januar im Rahmen des "Pilgerwegs des Vertrauens auf der Erde" statt: ein Pilgerweg im übertragenen Sinne, der die Versöhnung der Völker und ein friedliches und gerechtes Zusammenleben aller Menschen anstrebt. Einige Treffen in den 1990er Jahren verzeichneten über 100.000 Teilnehmende. Während der Corona-Pandemie mussten sie zwei Jahre in Folge ausgesetzt werden. Auch infolge dessen sind die Zahlen dieses Jahr deutlich niedriger.
Die Silvesternacht verbringen die Pilgerinnen und Pilger gemeinsam mit Gesang und Gebet: Um 23 Uhr beten sie traditionell das Gebet für den Frieden und zum Jahreswechsel beginnt dann das "Fest der Nationen". Da führen alle Teilnehmenden etwas Landestypisches auf, erzählt Jonas Grüßem. "Die Kölner Gruppe sind natürlich meistens Karnevalslieder", fügt er hinzu und grinst. Er erinnert sich aber auch, wie hunderte Pilgerinnen und Pilger gemeinsam zu "Laurentia, liebe Laurentia mein" Kniebeugen im Kreis gemacht haben.
Gastfreundschaft ist wichtig
Die Jugendlichen sind während der Dauer des Treffens in Gastfamilien, Gemeinderäumen, Schulen oder Turnhallen untergebracht. Das hatte noch Mitte Dezember bei den Organisatoren kurzfristig für Hektik gesorgt, weil in Ljubljana über 2000 Schlafplätze fehlten. In Zusammenarbeit mit den Gemeinden und Medien vor Ort in Slowenien wurde die Werbetrommel gerührt, so dass die Brüder am 22. Dezember bekanntgeben konnten: Für alle Pilger gibt es eine Gastfamilie. Die Hilfsbereitschaft sei überwältigend gewesen, schrieben sie in ihrem Blog.
Gastfreundschaft sei ganz wichtig bei diesen Treffen, diese Erfahrung hat auch der 28-jährige Jonas gemacht: So lerne man die Gesellschaft und die kirchliche Situation des Gastlandes am besten kennen. Im vergangenen Jahr in Rostock waren es überwiegend protestantische Gemeinden, in diesem Jahr sind die Katholiken bei den Gastgebern in der Mehrheit, denn in Slowenien sind zwischen 60 und 80 Prozent der Bevölkerung katholisch. "Mein persönliches Highlight ist immer das Mittagessen an Neujahr, das in der Gastfamilie oder in den gastgebenden Gemeinden stattfindet", erzählt Jonas. "Da knüpft man Kontakte, die lange bestehen bleiben."
Erste Begegnung mit dem neuen Prior
Das Spannendste für ihn und viele andere Teilnehmende wird jedoch die Begegnung mit dem neuen Prior der Gemeinschaft von Taizé sein: Seit dem ersten Advent ist das der britische Anglikaner Frère Matthew. "Keiner meiner Generation hat je einen anderen Prior als Frère Alois erlebt", sagt Jonas und erinnert sich besonders an dessen ruhige, tiefe Stimme und dessen Ansprachen.
Jetzt ist er gespannt auf den Nachfolger. Kennengelernt hat er Frère Matthew schon bei einem seiner vielen Besuche in Taizé: "Damals durfte ich mit den Brüdern zu Mittag essen und saß neben ihm sitzen", erinnert er sich. Matthew sei witzig und unterhaltsam gewesen. "Und er konnte schon damals viele junge Menschen begeistern!", erzählt Jonas. Jetzt ist er gespannt auf das Wiedersehen. Das erste gemeinsame Gebet findet am 28. Dezember um 18 Uhr statt, alle Gebete werden live auch auf DOMRADIO.DE gestreamt.