Die politische Entwicklung im Norden Afrikas hat die Aktualität nachdrücklich erwiesen: Zu ihrem dreitägigen internationalen Friedenstreffen ab Sonntag in Berlin hat die christliche Gemeinschaft von Sant'Egidio auch Mohamed Bazoum eingeladen.
Doch nach einem Militärputsch ist der demokratisch gewählte Präsident von Niger in Arrest und ein Beleg dafür, wie verletzlich die politische Ordnung in vielen Teilen der Welt ist.
Unter anderem darum geht es alljährlich bei den Friedenstreffen von Sant'Egidio, einer von Rom ausgehenden Bewegung mit weltweit rund 60.000 Mitgliedern.
Das Motto ihres Treffens zeigt zugleich, was diese öffentliche Konferenz von vielen anderen unterscheidet: "Den Frieden wagen. Religionen und Kulturen im Dialog" weist darauf hin, dass nicht nur Politikerinnen und Politiker über Wege aus Konflikten beraten.
Prominenz aus Politik und Religionsgemeinschaften
Zu dem Treffen an der Spree werden außer Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch der Präsident von Guinea-Bissau, Umaro Sissoco Embalo, erwartet, der anstelle von Nigers verhaftetem Präsident Bazoum eingeladen wurde. Zudem kommen der Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmed Al-Tayyeb, und der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt.
Auch der Friedensbeauftragte von Papst Franziskus, Kardinal Matteo Zuppi, und der assyrische Patriarch Mar Awa Royel sind angekündigt.
Auf dem Programm stehen darüber hinaus der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, sowie weitere Spitzenvertreter von Religionsgemeinschaften aus 33 Kirchen aller Kontinente.
Nur ein Prominententreffen hinter verschlossenen Türen ist - wie schon in Aachen (2003), München (2011) sowie Münster und Osnabrück (2017) - aber nicht geplant. So bleiben die 21 katholischen Schulen in Berlin geschlossen, damit ihre Schülerinnen und Schüler an den 20 Foren und der Abschlusskundgebung vor dem Brandenburger Tor teilnehmen können. Auch jeder andere Besucher und jede Besucherin ist zu den Podien an verschiedenen Orten im Stadtzentrum bei freiem Eintritt willkommen. Insgesamt erwartet Sant'Egidio bis zu 2.500 Gäste.
Mit ihren Friedenstreffen setzt die Gemeinschaft eine Initiative von Papst Johannes Paul II. fort, der 1986 Religionsoberhäupter nach Assisi eingeladen hatte. Die deutsche Hauptstadt sei wegen ihrer Geschichte gewählt worden, erklärt Sant'Egidio-Präsident Marco Impagliazzo. Berlin sei die Stadt, "die bewiesen hat, dass Mauern nicht nur gebaut, sondern auch eingerissen werden können".
Treffen ökumenisch geprägt
Auch werde das Treffen an der Spree in besonderer Weise ökumenisch geprägt sein, kündigt Impagliazzo an. "Wir sind dankbar, dass wir Partnerin beim Weitfriedenstreffen sein können", greift Bischof Christian Stäblein von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz die Einladung auf. "Es ist ein Ereignis für diese Stadt und dieses Land, das wir kaum überschätzen können." Auch Berlins katholischer Erzbischof Heiner Koch sieht in dem Friedenstreffen die Aufgabe, "die Rolle der Religionen auf dem Weg zu einer friedlicheren Welt neu und vertieft zu bedenken".
Der Sant'Egidio-Präsident warnt in diesem Zusammenhang vor einseitigen Schuldzuweisungen an die Muslime. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA sei der Islam als Religion der Gewalt gebrandmarkt worden, kritisiert Impagliazzo: "Aber seitdem ist das Gegenteil passiert". Der Islam habe wesentliche Schritte auf dem Weg des Friedens unternommen. Dies sei unter anderem interreligiösen Begegnungen zu verdanken, etwa bei den Friedenstreffen von Sant'Egidio.
Mit Blick auf den größten Konflikt der Gegenwart, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, stehen indes keine Fortschritte bei der Berliner Konferenz in Aussicht. Denn daran wird laut Impagliazzo nach gegenwärtigem Stand kein russisch-orthodoxer Bischof teilnehmen.