Ein Papstvertrauter warnt vor einem zunehmenden Missbrauch der Religion für politische Zwecke. Rhetorische Stilmittel seien legitim, aber der Glaube als Rechtfertigungsinstrument für das eigene Handeln sei es nicht, sagte der Jesuit Antonio Spadaro der italienischen Zeitung "La Stampa" in ihrer Sonntagsausgabe. Er reagierte damit auf eine Aussage von US-Präsident Joe Biden. Dieser hatte in einer Rede in Warschau den polnischen Papst Johannes Paul II. zitiert. "Fürchtet Euch nicht", sagte Biden zu Beginn und Ende seiner Rede, in der er unter anderem einen Regimewechsel in Moskau forderte. Letzteres zog Washington umgehend wieder zurück.
Spadaro kritisierte den Gebrauch der Worte von Johannes Paul II. durch den Präsidenten, zumal Biden auf den folgenden Satz der Papstansprache verzichtet habe: "Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus!" Religiöse Reden dürften nicht in politische verwandelt werden, so der Chefredakteur der katholischen Zeitschrift "Civilta Cattolica". Eine solche Rhetorik sei nicht christlich. Die Politik solle die Worte der Religion nicht für eigene Zwecke verbiegen.
US-Präsident Biden war für zwei Tage nach Polen gereist, traf dort Ukraine-Geflüchtete, US-Soldaten und Politiker. In seiner Abschlussrede am Samstag verurteilte er den Krieg, betonte den Zusammenhalt der Nato und griff Russlands Präsidenten Wladimir Putin scharf an. "Dieser Mann darf nicht bleiben", sagte er. Das Weiße Haus bemühte sich anschließend zu erklären, dass die USA keinen Machtwechsel in Russland anstrebten.