domradio.de: Trump hatte viel angekündigt: eine Mauer zu Mexiko hochziehen zum Beispiel - oder die Krankenversicherung "Obamacare" seines Vorgängers abschaffen. Aus den meisten seiner Projekte ist bisher nichts geworden. Wie sehr hat sein Ansehen zu Hause in den USA darunter gelitten?
Prof. Dr. Godehard Brüntrup (Jesuitenpater und USA-Kenner): Bei seiner Klientel hat sein Ansehen eher gar nicht gelitten. Die haben seine Sprüche immer als Sprüche erkannt; und sie auch nicht für so wichtig genommen. Trump spricht nach wie vor vor allem zwei Gruppen an: Die einen sind die Abgehängten, die Arbeitslosen. Die aktuellen Wirtschaftsdaten sind nicht schlecht, daher ist diese Gruppe nicht unzufrieden. Und die andere Gruppe, die ihn gewählt hat, sind die Wertekonservativen, die ein anderes Abtreibungsrecht und andere Richter haben wollten. Da hat Trump durchgegriffen wie kein Präsident vor ihm. Er hat so viele neue konservative Richter ernannt, dass auch diese Gruppe relativ zufrieden ist.
Die, die ihn hassen, und das ist die Mehrheit, die hassen ihn weiter. Aber seine Klientel hat er gar nicht schlecht bedient.
domradio.de: Was ist denn mit den konservativen Christen, die zu Trumps Wählerschaft gehört haben? Sind die bisher eher zufrieden mit dem, was Trump gemacht hat - oder bröckelt die Zustimmung in dieser Gruppe?
Brüntrup: Ein großer Teil der amerikanischen Christen sind in einer Weise gegen das Establishment, wie wir uns das gar nicht vorstellen können. Historisch gesehen sind sie einst aus Europa aus ihren Kirchen geflohen, weil sie da unterdrückt wurden und haben dann Freikirchen aufgemacht. Da konnte jeder eine Kirche gründen, da konnten die Gemeinden ihre Pfarrer wählen.
Diese Freikirchler lieben bis heute jemanden, der gegen das Establishment steht. Trump gehört weder zum Establishment der Demokraten noch zu dem der Republikaner. Und diese konservativen Christen lieben es, wenn jemand sagt: "Der ist ja gar nicht geeignet, Präsident zu sein. Dem fehlt ja die Voraussetzung". Das ist in ihren Augen ein Plus. Deshalb kommt er bei diesen Leuten gut an.
Er kommt auch deshalb gut an, weil er sich für ihre Rechte einsetzt. Zum Beispiel, indem er die erwähnten konservativen Richter einsetzt, die die rechtliche Stellung von Religionsgemeinschaften verbessern - etwa im Steuerrecht. Mit Paula White, dieser berühmten evangelikalen Predigerin, haben diese konservativen Christen sogar einen direkten Zugang zu Donald Trump ins Weiße Haus. Sie geht dort ein und aus, ist praktisch eine von Trumps engsten Beraterinnen.
domradio.de: Auf internationaler Bühne hat Trump immer wieder für Verärgerung gesorgt, zum Beispiel mit seiner Aufkündigung des Pariser Klimaschutzabkommens. Oder auch seinem Säbelrasseln im Konflikt mit Nordkorea. Wie würden Sie unterm Strich Trumps bisherige Außenpolitik zusammenfassen?
Brüntrup: Das kommt natürlich alles in der Welt ganz schlecht an. Die Amerikaner, die weltgewandt sind, die auf gute internationale Beziehungen Wert legen, denen ist Trump nur peinlich, auch seine Wortwahl und dass das alles über Twitter geht. Bei seinen Leuten wiederum, etwa dem Stammtisch an der Ecke, kommt das gar nicht so schlecht an, dass einer mal Klartext spricht, dass einer wie sie spricht. Dabei ist vieles davon nur heiße Luft. Amerika kann zum Beispiel aus dem Pariser Klimaschutzabkommen erst im Jahr 2020 austreten, da ist Trumps Amtszeit bereits zu Ende.
In der realen Politik hat sich eigentlich in der Außenpolitik nicht so viel verändert, außer, dass sie typisch republikanisch ist, also ein bisschen falkenhafter als die Politik von Obama. Einen wirklich radikalen Wechsel hat es ja in dem Sinn nicht gegeben. Zum Glück. Wir alle hoffen, dass er nicht irgendwelche vollkommen irrationalen Einzelentscheidungen trifft, sondern sich von den konservativen Beratern, mit denen er sich umgeben hat, etwa den berühmten drei Generälen, einigermaßen im Zaum halten lässt.
domradio.de: Aber im Fall Nordkorea konnte man ja den Eindruck gewinnen, dass er da macht, was er will. War das nicht eher knapp?
Brüntrup: Ich glaube nicht, dass das knapp war. Ich glaube, das war eher Rhetorik. Das war Säbelrasseln. Trump war gegen den zweiten Golfkrieg. Er ist nach meiner Ansicht kein Militarist, also keiner, der sich schnell in militärische Abenteuer stürzt.
Er ist ein Geschäftsmann, er will Dinge verkaufen, er will Geld verdienen. Er ist nicht in erster Linie jemand, der die Welt erobern will. Im Fall Nordkorea war das in meinen Augen so ein typischer Männerstreit nach dem Motto "Wer ist der Stärkere"? Ich würde das nicht ganz so hoch hängen wie vielleicht manche andere das tun.
Das Gespräch führte Silvia Ochlast.