DOMRADIO.DE: Greta Thunberg will mit der Fridays for Future-Bewegung, das hat sie ausdrücklich gesagt, Erwachsene angesichts der fortgeschrittenen Klimakrise in Panik versetzen. Sie sagen, sie können das verstehen, halten es aber für den falschen Weg. Warum?
Naomi Bosch (Journalistin, Autorin und Agrarwissenschaftlerin): Ich glaube, Panik lähmt auf Dauer. Und das ist auch keine gute Motivation zu handeln. Ich glaube auch, dass wir gerade als Christen aufgerufen sind, uns von Liebe leiten zu lassen und nicht von Angst.
DOMRADIO.DE: Sie setzen ganz im Gegenteil auf Hoffnung. Hoffnung statt Panik. Das ist ihr Vorschlag. Wobei Sie wirklich keine naive Hoffnung meinen, sondern ganz konkret Samen der Hoffnung in der Umweltkrise säen wollen. Wie können denn solche Samen der Hoffnung aussehen?
Bosch: Das kann ganz unterschiedlich aussehen. Ich glaube, dass jeder in seinem persönlichen Leben und in seiner Familie, in seinem Umfeld kleine Schritte tun kann, die dann gemeinsam eine starke Botschaft aussenden und auch wirklich Veränderungen herbeiführen können.
Das kann zum Beispiel durch nachhaltigere regionale Einkaufsentscheidungen passieren, durch das Gärtnern, indem man weniger oder nachhaltiger reist oder Gegenstände weitergibt oder wiederverwendet. Da gibt es ganz viele Möglichkeiten und es gibt, denke ich, auch kein Patentrezept.
DOMRADIO.DE: Sie sehen sich in Ihrer Hoffnung ausdrücklich durch Ihren christlichen Glauben bestärkt. Warum hilft es, wenn wir uns Gott zum Beispiel als Gärtner in seiner Schöpfung vorstellen?
Bosch: Ich mag dieses Bild von Gott als Gärtner, weil es zeigt, dass Gott nicht nur Schöpfer ist, sondern auch die Welt mit uns gestalten möchte. Wir sind auch aufgerufen, seine Schöpfung zu genießen und zu verwalten, wie gärtnern. Gott ist noch viel mehr als uns an seiner Schöpfung gelegen.
Ich glaube auch, er trauert mit uns um ihre Zerstörung. Aber er will sie aber auch mit uns gemeinsam erneuern und heilen, wie eben ein Gärtner, der sich um seinen Garten kümmert.
DOMRADIO.DE: Sie beziehen sich bei Ihrem Einsatz für Nachhaltigkeit immer wieder auf die Bibel. Warum passt das so gut zusammen?
Bosch: Die Bibel ist eigentlich voller Motive und Geschichten aus der Natur. Von den allerersten Zeilen an dem Schöpfungsbericht bis ganz bis zum Schluss zur Offenbarung, in der Gott alles wieder herstellt und Himmel und Erde sich miteinander verbinden. Und all die zerbrochenen Beziehungen, von denen der Bibel die Rede ist, zwischen Gott und Mensch, aber auch zwischen uns und der restlichen Schöpfung. Das alles wird wieder geheilt.
In der Bibel wird deutlich, dass wir als Christen den Auftrag haben, schon jetzt hier auf der Erde an Gottes Königreich mitzuwirken, dem Königreich, in dem Gerechtigkeit und Frieden herrschen. Davon hat Jesus auch immer wieder gesprochen. Und ich glaube, das bezieht sich auch auf unseren Umgang mit der Schöpfung.
DOMRADIO.DE: Sie haben jetzt gerade Jesus schon erwähnt. Würden Sie es dann so sehen, dass Jesus uns tatsächlich einen achtsamen Umgang mit der Schöpfung vorgelebt hat?
Bosch: Jesus hat natürlich noch nicht von der Klimakrise gesprochen, die war damals noch nicht da. Aber Jesus hat damals schon sehr einfach und naturverbunden gelebt und ich glaube, wenn er heute leben würde, würde er auch auf die vielen Ungerechtigkeiten aufmerksam machen, wie die Klimakrise oder das Artensterben.
Jesus war von Beruf Handwerker, das heißt, er hat mit Naturmaterialien gearbeitet, das ist sehr bodenständiger Beruf, sehr verbunden mit der Natur. Und ein Großteil seiner Gleichnisse war auch inspiriert von der Natur.
In seinem Leben, seinem Lebensstil sieht man, dass er Gottes gute Gaben genossen hat aus der Schöpfung. Er hat Essen und Wein genossen, aber er hat nichts verschwendet. Als es um die Speisung der 5000 ging, war es ihm auch sehr, sehr wichtig, all die Essensreste wieder aufzusammeln, damit auch nichts verschwendet wird.
Und er war auch mit seinem Wohnort verbunden. Also er kannte sich aus mit der Flora und Fauna, mit dem lokalen Ökosystem. Und er rief seine Jünger dazu auf, jedes seiner Geschöpfe mit Achtung zu behandeln.
Das Interview führte Hilde Regeniter.