Jüdische Hochschullehrende berichten von Gewalterfahrungen

Teils mit Personenschutz

Seit dem 7. Oktober gibt es offenbar jüdische Hochschullehrende, die wegen des Antisemitismus an den Hochschulen unter Personenschutz stehen. In einer Umfrage gaben viele an, Online-Belästigungen und Bedrohungen ausgesetzt zu sein.

Großer Davidstern an einer Gedenkstätte am früheren Standort der 1938 zerstörten Gothaer Synagoge / © Martin Schutt/dpa-Zentralbild (dpa)
Großer Davidstern an einer Gedenkstätte am früheren Standort der 1938 zerstörten Gothaer Synagoge / © Martin Schutt/dpa-Zentralbild ( dpa )

In einer nicht repräsentativen Umfrage hätten rund 14 Prozent der Befragten angegeben, sie nähmen derzeit Personenschutz oder andere spezielle Schutzmaßnahmen in Anspruch, teilte das Netzwerk Jüdischer Hochschullehrender in Deutschland, Österreich und der Schweiz am Samstag mit. Es zeichnet verantwortlich für die Umfrage.

Zuvor hatte der "Tagesspiegel" am Samstag über die Ergebnisse berichtet. Dem Netzwerk gehören den Angaben zufolge rund 130 Personen an, etwa die Hälfte beteiligte sich an der Befragung zum Geschehen an Hochschulen seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel.

Schutzmaßnahmen in Eigenregie

Laut Umfrage stiegen 13 Prozent der Befragten wegen Anfeindungen auf Online-Lehre um. Rund 40 Prozent hätten Sicherheitsworkshops und Schulungen gefordert, jede dritte Person eine erhöhte Polizeipräsenz auf dem Campus. Jede und jeder Vierte wolle Zugangskontrollen zu Gebäuden. 75,9 Prozent seien der Ansicht, von ihrer Hochschule sei kein klares Sicherheitskonzept verabschiedet und an Mitarbeitende kommuniziert worden. Lediglich 7,4 hätten angegeben, dies sei bei ihnen der Fall gewesen.

Gut 40 Prozent der Befragten sagten dem Bericht zufolge, sie hätten seit dem 7. Oktober Online-Belästigung und Cybermobbing erfahren. Knapp 64 Prozent hätten von verbaler Belästigung und jeweils 14 Prozent von physischen Bedrohungen beziehungsweise Sachbeschädigungen berichtet. Mehrere Befragte hätten von Bestrebungen erzählt, sie von Veranstaltungen oder Projekten auszuschließen.

Gewalt, Bedrohungen, Ausgrenzung

Julia Bernstein, Soziologie-Professorin und Initiatorin des Netzwerks, sagte der Zeitung: "Jüdische Hochschulangehörige sind in Deutschland in einer absoluten Minderheit. Ihre Stimmen und ihre Lage werden oft übersehen, überstimmt und auch überhört." Die Erfahrungen von Jüdinnen und Juden würden häufig "per se als nicht objektiv abgetan und relativiert".

Bernstein betonte: "Es wäre zu Recht undenkbar zu sagen: 'Wir können die Sicherheit von Frauen auf dem Campus nicht gewährleisten.' Bei Juden passiert aber genau das. Es werden Dinge toleriert, die für sie ein normales Leben unmöglich machen: Gewalt, Bedrohungen, Ausgrenzung."

Das Netzwerk erklärte, die Umfrage unterstreiche die Notwendigkeit einer verstärkten Sensibilisierung für Antisemitismus an Hochschulen und für Vorbeugungsmaßnahmen.

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Mann mit Kippa / © Robert Michael (dpa)
Mann mit Kippa / © Robert Michael ( dpa )
Quelle:
KNA