Jugendliche behalten laut Studie Optimismus trotz Krisen

Besorgt wegen Klima und Diskriminierung

Wie gehen Jugendliche mit politischen Krisen um? Wie mit Fake News? Und was denken sie über Diskriminierung an Schulen? Antworten liefert die neue Sinus-Jugendstudie, die vom Sinus-Institut erstellt und alle vier Jahre vorgelegt wird.

Autor/in:
Alexander Riedel
Symbolbild Jugendliche in Gemeinschaft / © DavideAngelini (shutterstock)
Symbolbild Jugendliche in Gemeinschaft / © DavideAngelini ( shutterstock )

Jugendliche in Deutschland blicken laut einer Studie trotz vieler aktueller Krisen optimistisch in die Zukunft und zufrieden auf ihren Alltag. Zwar stimmen die Vielzahl von Krisen und Problemen die 14- bis 17-Jährigen demnach ernster und besorgter als frühere Generationen, nur wenige zeigen sich enthusiastisch. 

Dennoch haben die Teenager weder ihren Optimismus noch ihre Alltagszufriedenheit verloren. Das geht aus der am Mittwoch veröffentlichten Sinus-Jugendstudie "Wie ticken Jugendliche?" hervor.

Krisen sind Normalzustand

Die Forscher führen den Optimismus auch darauf zurück, wie die heutigen Jugendlichen aufgewachsen sind. "Gesellschaftliche und ökologische Krisen sind der Normalzustand", sagte Tim Gensheimer vom Sinus-Institut. Zugleich gehe es vielen Jugendlichen nach eigenen Angaben gut: Sie sehen ihre Grundbedürfnisse gedeckt, fühlen sich sozial gut eingebunden und halten das Einkommen ihrer Familie für auskömmlich. "Insgesamt überwiegen die Zukunftshoffnungen deutlich gegenüber den Zukunftssorgen."

Für die Studie wurden zwischen Juni und September 2023 deutschlandweit 72 qualitative Fallstudien mit Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren erstellt. Sie sollen verschiedene Lebenswelten und Bildungsniveaus abdecken und sind auch nach Unterschieden wie Migrationshintergrund oder Stadt und Land ausgewählt. Auftraggeber sind die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung und die DFL Stiftung.

Sorge um Umwelt gewachsen

2020 hatte die Untersuchung ergeben, dass damalige Jugendliche vor allem wegen der Corona-Pandemie und der Klimakrise ernsthafter undbesorgter als frühere Generationen waren. Die Sorge um Umwelt und Klima ist der aktuellen Studie zufolge weiter gewachsen. 

Eine junge Frau demonstriert beim globalen Aktionstag von Fridays for Future / © Matthias Rietschel (dpa)
Eine junge Frau demonstriert beim globalen Aktionstag von Fridays for Future / © Matthias Rietschel ( dpa )

Verunsicherung zeige sich auch durch die Zunahme von Rassismus und Diskriminierung aufgrund einer schwer einzuschätzenden Migrationsdynamik. Für viele Jugendliche sei zudem der Übergang ins Berufs- und Erwachsenenleben wegen unkalkulierbarer gesellschaftlicher Entwicklungen angstbesetzt.

"Bürgerliche Normalbiografie" als Leitmotiv

Fast alle befragten Jugendlichen wünschten sich Zugehörigkeit, Halt und Geborgenheit. Die "bürgerliche Normalbiografie" sei immer noch ein Leitmotiv vieler Teenager. Die meisten seien bodenständig. Familie und Freunde würden nach wie vor sehr wertgeschätzt, so die Studie. Aber auch Hilfsbereitschaft, Leistung, und Selbstbestimmung stehen hoch im Kurs. 

Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt sind ebenfalls weit verbreitet unter jungen Menschen. Sie zeigten fast durchweg ein pragmatisches, unideologisches Verhältnis zu Gender-Themen und Menschen, die ihr Geschlecht weder als Mann noch als Frau definieren.

Schlechte Noten für Schule und Erwachsene

Die Mehrzahl der jungen Menschen wolle mitreden und auch Gehör finden - sei es in der Familie, im Sportverein, in der Jugendgruppe oder in religiösen Gemeinschaften. Zugleich fühlen sich viele aber nicht von "den Erwachsenen" ernstgenommen und respektiert. Ein Teil derJugendlichen tendiere aber auch zur Verdrängung, weil er sich kognitiv und emotional überfordert fühle.

Die Chance aufs Gymnasium hängt in Bayern stark vom Elternhaus ab / © Sven Hoppe (dpa)
Die Chance aufs Gymnasium hängt in Bayern stark vom Elternhaus ab / © Sven Hoppe ( dpa )

Unter den politischen Themen sehen junge Menschen sich laut Studie vor allem von Klimakrise und Diskriminierung persönlich betroffen. Ungerechtigkeit erfahren viele in der Schule, oder sie bekommen sie dort mit - und zwar unabhängig von Schultyp und Herkunft. Die Institution Schule vermag dem Problem aus Sicht der Jugendlichen oftmals nicht beizukommen. Viele sehen Schule zudem nicht als Ort, an dem sie Mitbestimmung lernen und wirklich gehört werden.

Gefahren von Social Media im Bewusstsein

Soziale Medien gehören für die allermeisten Jugendlichen selbstverständlich zum Leben dazu. Sie nutzen sie laut Studie zum Zeitvertreib, für soziale Kontakte, als Lifestyle-Inspiration oder für die Sinnsuche. Auch seien sie für die meisten Teenager die wichtigste Informationsquelle - auch für politische Nachrichten. 

Die meisten Jugendlichen wissen um die Gefahr von Falschinformationen, gehen aber davon aus, "Fake News" zu erkennen. Die Auswirkungen des Social-Media-Konsums auf das eigene Befinden und die eigene Gesundheit sehen viele durchaus kritisch. Vor allem bildungsnahe Jugendliche versuchten inzwischen, die Nutzung zu begrenzen.

Quelle:
KNA