DOMADIO.DE: Am Sonntag begeht das Erzbistum Köln den "Tokyo-Sonntag" und das Bistum Tokio den "Köln-Sonntag". Kurz vorab: Der "Tokyo-Sonntag" wird nach wie vor nach alter Schreibweise geschrieben, so wie Tokio damals bei der Entstehung der Partnerschaft noch geschrieben wurde. Wie kam es 1954 zu diesem Bündnis, ausgerechnet mit dem Erzbistum Tokio?
Marianne Bauer (Fachbereichsleiterin "Spiritualität und Jugendpastoral in Gemeinden" in der Jugendseelsorge im Erzbistum Köln): Die beiden damaligen Erzbischöfe auf Kölner und Tokioer Seite haben entschieden, dass es gut ist, eine Partnerschaft einzugehen, um so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg auch eine Gebets- und Hilfsgemeinschaft füreinander aufzubauen und Deutschland wieder mehr Renommee zu verschaffen, auf der anderen Seite aber auch Japan.
Beide waren Kriegsverlierer. Jahrzehntelang hat die Kölner Kirche auch die Kirche im Erzbistum Tokio finanziell unterstützt und hier ganz vieles möglich gemacht von Kirchenbau, Ausbildung, Musik, sodass da über die Jahre auch sehr viel wachsen konnte.
DOMADIO.DE: Sie haben die finanzielle Unterstützung erwähnt. An diesem Sonntag werden die Kollekten gesammelt, die dann wieder in diese Partnerschaft fließen. Jetzt kann man sagen, dass das mittlerweile gar nicht mehr nötig ist. Japan ist ein reiches Land.
Bauer: Genau, das ist auch so. Das Erzbistum Tokio ist nicht mehr auf finanzielle Unterstützung aus Köln angewiesen, sondern die Kollekten, die jetzt am Sonntag gesammelt werden, sind für Myanmar. Es gibt ein gemeinsames Hilfsprojekt in dem Land, wo auch Bürgerkrieg herrscht, wo Menschen ihre Dörfer verlassen müssen, um dort auch Hilfe zu leisten.
Die Veränderung ist, dass die Partnerschaft jetzt inhaltlich anders geworden ist und man auf Augenhöhe anders miteinander umgeht, weil beide Seiten nicht mehr finanziell voneinander abhängig sind, sondern sich um einen Dritten kümmern.
DOMADIO.DE: Sie sind gerade selbst vor Ort in Japan. Sie sind da, um noch mehr Kontakte zu knüpfen. Sie haben die katholische deutschsprachige Gemeinde dort kennengelernt. Wie funktioniert katholisch sein in Japan?
Bauer: Christen sind hier in der Minderheit. Wir haben hier ein Prozent Christen, ungefähr die Hälfte davon -also ein halbes Prozent- ist katholisch. Das heißt, das ist hier eine völlig andere Situation. Buddhismus und Shintoismus sind die eigentlichen Weltanschauungen, von denen die Japaner auch immer sagen, richtig Religion ist das nicht, das ist mehr eine Weltanschauung, mehr Tradition.
Aber es gibt ein sehr großes Interesse am Christentum und das merkt man an verschiedenen Stellen. Ansonsten ist es natürlich eine Diaspora-Situation mit deutlich weniger personeller und finanzieller Ausstattung, wie wir das aus dem Erzbistum Köln kennen. Alles ist sehr viel kleiner und ein bisschen traditioneller als bei uns.
DOMADIO.DE: In Tokio wird der Köln-Sonntag begangen. Wissen Sie schon, in welchem Rahmen das passiert?
Bauer: Es wird um 10 Uhr einen Gottesdienst geben, den Erzbischof Kikuchi in der Kathedrale Sankt Mary halten wird, die auch mit Kölner Unterstützung gebaut werden konnte. Dort werden auch Vertreter von der deutschsprachigen Gemeinde dabei sein, aber auch von der burmesischen Community, also den jungen Leuten aus Myanmar, die zum Teil hier in Tokio studieren und unterstützt werden.
Insofern wird es auch eine Lesung auf Deutsch geben und Fürbitten in verschiedenen Sprachen. Ich habe den Auftrag, am Ende auch das Grußwort, das unser Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki schon hergeschickt hat, noch einmal offiziell zum 70-jährigen Jubiläum der Partnerschaft zu verlesen.
Das Interview führte Elena Hong.
Information der Redaktion: Grundsätzlich wird die Stadt Tokio laut Duden mit "i" geschrieben, die Schreibweise mit "y" ist als Nebenform möglich. Der "Tokyo-Sonntag" ist ein feststehender Begriff im Erzbistum Köln und wird daher mit "y" geschrieben. Ansonsten wird in diesem Artikel die Hauptform der Schreibweise genutzt.