Kamala Harris kneift bei wichtigem Kirchen-Dinner

Verpasste Chance oder kluger Schachzug?

US-Vizepräsidentin Kamala Harris gibt der katholischen Kirche einen Korb. Am traditionellen "Al-Smith-Dinner" der Erzdiözese New York nimmt sie nicht teil. Die Gastgeber um Kardinal Timothy Dolan sind enttäuscht.

Autor/in:
Thomas Spang
Kamala Harris / © Paul Sancya (dpa)
Kamala Harris / © Paul Sancya ( dpa )

Kardinal Timothy Dolan kann es nicht fassen, dass Kamala Harris ihre Teilnahme am "Al-Smith-Dinner" abgesagt hat. "Wir sind das nicht gewohnt und wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen", sagte der Gastgeber der traditionsreichen Wohltätigkeitsveranstaltung und Erzbischof von New York vor Reportern. 

Kardinal Timothy M. Dolan, Erzbischof von New York / © Paul Haring (KNA)
Kardinal Timothy M. Dolan, Erzbischof von New York / © Paul Haring ( KNA )

Seit den Präsidenten Richard Nixon und John F. Kennedy während des Präsidentschaftswahlkampfs 1960 erstmals eine Einladung annahmen, gilt die Gala als festes Ereignis im politischen Kalender der Kandidaten. "Wir hätten uns darauf gefreut, der Vizepräsidentin einen enthusiastischen Empfang zu bereiten", erklärte Dolan, der daran erinnerte, was Walter Mondale 1984 widerfuhr. 

Der Demokrat verlor damals 49 von 50 Bundesstaaten, nachdem er als einziger Kandidat in der Geschichte seine Teilnahme am Dinner abgesagt hatte. "Ich will nicht sagen, dass es da einen direkten Zusammenhang gibt."

Trump übt Kritik an Harris

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump nutzte die Gelegenheit für scharfe Kritik an seiner Konkurrentin. In einem Social-Media-Posting nannte er ihre Absage "traurig, aber nicht überraschend". 

Donald Trump / © Jae C. Hong (dpa)
Donald Trump / © Jae C. Hong ( dpa )

Trump behauptete, Katholiken würden von der amtierenden US-Regierung "buchstäblich verfolgt". Und jeder Katholik, der für Harris stimme, "sollte seinen Kopf untersuchen lassen". Diese Formulierung hatte Trump bereits gebraucht, um jüdische Wähler zu verunglimpfen, die ihn nicht unterstützen.

Experten wie Jacob Smith von der katholischen Fordham University erklären Harris' Entscheidung mit dem umstrittenen Auftritt Trumps beim Dinner 2016. Der Republikaner sei damals von dem sonst üblichen humorvollen Ton abgewichen und habe seine Gegnerin Hillary Clinton frontal attackiert. "Harris hat Anlass, besorgt zu sein, dass sich so etwas wiederholen könnte", meint Smith.

Umfeld hält Fernbleiben für opportun

Aus dem Umfeld ihrer Wahlkampagne drang die Sorge durch, dass es für die Kandidatin schwer sein könnte, bei einer solchen Veranstaltung angemessen auf eine erneute Attacke zu reagieren. Harris sei besser beraten, den Wahlkampf in den Swing States zu forcieren, wo beide Parteien gute Chancen haben.

Trotz Harris' Fernbleiben wird das Dinner am 17. Oktober im New York Hilton Midtown wie geplant stattfinden. Mit 5.000 Dollar pro Gedeck ist die Veranstaltung bereits ausverkauft. Als Zeremonienmeister wird der katholische Komiker Jim Gaffigan fungieren. 

Die Veranstalter wollen, dass Einnahmen und Spenden der 1.500 wohlhabenden Gäste wie in den Vorjahren karitativen Einrichtungen der Erzdiözese New York zugutekommen.

Kamala Harris / © Julia Nikhinson (dpa)
Kamala Harris / © Julia Nikhinson ( dpa )

Das nach dem ersten katholischen Präsidentschaftskandidaten, dem New Yorker Demokraten Alfred E. Smith, benannte Dinner bringt seit 1946 alljährlich führende Politiker beider großen Parteien zusammen. "Es erlaubt Amtsträgern, gleichzeitig humorvoll und bescheiden, herzlich und zivilisiert zu sein", erläutert Fachmann Brian Browne von der New Yorker St. John's University den Charakter der Veranstaltung.

Trump bestätigte in einer Stellungnahme auf seinem Portal Truth Social seine Teilnahme. Er fühle sich geehrt, dabei zu sein. Zudem behauptete er, seine oft kritisierte Rede von 2016 sei begeistert aufgenommen worden. "Die Bewertungen meiner Ausführungen waren ENORM", schrieb der eigenwillige Politiker.

Experten sehen die Absage kritisch

Ob Harris' Entscheidung, dem Dinner fernzubleiben, sich als verpasste Chance oder kluger Schachzug erweist, ist unter Experten umstritten. Brian Browne sieht darin eine vergebene Gelegenheit: "Es wäre eine Chance gewesen, eine menschliche Seite zu zeigen und für einen wohltätigen Zweck zusammenzukommen."

Jacob Smith hingegen verweist auf die strategischen Überlegungen der Harris-Kampagne. Wahlkampfauftritte in Swing States "könnten als bessere Zeitnutzung angesehen werden".

Der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, der aus New York stammt, habe ihm gegenüber den Eindruck erweckt, dass nicht die Kandidatin, sondern deren Terminplaner die Entscheidung getroffen hätten.

Kardinal Dolan hofft weiterhin auf Harris' Teilnahme. "Also geben wir nicht auf", sagte Dolan und verspricht "einen großartigen Abend des Spaßes und der Freundschaft für ein außerordentlich edles Ziel".

Quelle:
KNA