Kardinal Arborelius berichtet von dem Konsistorium

"Ein Erlebnis von Weltkirche"

Über 200 Kardinäle haben sich gerade in Rom getroffen. Wie läuft so ein Treffen hinter den Kulissen ab? Gehen die Kardinäle abends zusammen weg? Kardinal Arborelius hätte sich mitunter mehr Kontakt mit einigen Amtsbrüdern gewünscht.

Kardinal Anders Arborelius (l.) / © Cristian Gennari (KNA)
Kardinal Anders Arborelius (l.) / © Cristian Gennari ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie sind gerade vom Konsistorium aus Rom zurückgekehrt. Wie haben Sie das Kardinalstreffen erlebt?

Lars Anders Kardinal Arborelius (Bischof von Stockholm): Für mich war das wirklich ein Erlebnis von Weltkirche. Es ist etwas sehr Seltenes, dass so viele Kardinäle mit dem Heiligen Vater zusammenkommen können. Das war eine Erfahrung der Brüderlichkeit und Universalität. Wir hatten die große Aufgabe, die Kurie in ihrer Arbeit zu unterstützen und die Evangelisierung stärker in den Blick zu nehmen. Das ist eine große Herausforderung in dieser Zeit, wo die Welt zumindest in unserem Teil immer säkularer wird.

Kardinäle versammeln sich vor einem Konsistorium / © Andrew Medichini (dpa)
Kardinäle versammeln sich vor einem Konsistorium / © Andrew Medichini ( dpa )

DOMRADIO.DE: Für Sie war es auch das erste Mal, dass Sie mit über 200 anderen Kardinälen zusammengetroffen sind. Was war das für ein Erlebnis?

Arborelius: Das war sehr erfreulich. Ich konnte natürlich nicht mit jedem sprechen, aber es ist wunderbar zu sehen, dass so viele dabei waren und versucht haben, gemeinsam über diese Fragen nachzudenken und auch einige Ratschläge zu geben.

Der Höhepunkt war die große Messe. Aber es war für uns schmerzhaft zu sehen, dass der Heilige Vater so große Schwierigkeiten mit seinem Knie hat, aber trotzdem immer dabei war und freudig und entgegenkommend war.

DOMRADIO.DE: Wie lief das organisatorisch ab? Waren da alle gemeinsam untergebracht? Geht man abends zusammen weg?

Arborelius: Wir waren überall in der Stadt verstreut. Ich war bei den Birgitta-Schwestern, wo ich öfters unterkomme. Das war ein wenig schwierig, weil abends alle in ihre Unterkünfte mussten. Man konnte sich zwar zwischendurch treffen, aber es wäre brüderlicher gewesen, wenn alle zusammen gewesen wären, zum Beispiel bei den Mahlzeiten.

Aber es gab schon gute Möglichkeiten einander zu sprechen und einander kennenzulernen. Die meisten anderen Kardinäle kennt man ja überhaupt nicht, nur aus dem Fernsehen oder aus Zeitschriften.

DOMRADIO.DE: Wie sehen diese Gespräche denn aus? Wen lernt man da kennen und wie?

Arborelius: Oft geht es um die Verhältnisse in den eigenen Bistümern. Der neue Kardinal aus der Mongolei kommt zum Beispiel aus einer ganz anderen Lebenswelt. Ich konnte ihm erzählen, dass wir bei uns in Schweden bei der Caritas Menschen aus der Mongolei haben. Man findet also immer irgendeinen Ansatzpunkt.

Papst Franziskus spricht während des Konsistoriums am 27. August 2022 im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus spricht während des Konsistoriums am 27. August 2022 im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Den Papst haben Sie auch erwähnt. Wegen seiner Gesundheit gab es Gerüchte um einen möglichen Rücktritt. Wie haben Sie den Heiligen Vater wahrgenommen?

Arborelius: Mental und von seiner Ausstrahlung her ist er immer sehr offen und sieht auch froh aus. Aber man sieht, wenn er sich in den Rollstuhl setzen muss, dass ihm das sehr unangenehm ist. Man muss ihn bewundern, dass er trotzdem bei allen Besprechungen immer dabei war. Er musste ja auch immer von einem Ort zum anderen kommen.

Ein möglicher Rücktritt wurde vor den Kardinälen überhaupt nicht thematisiert. Man merkt, dass er immer noch sehr lebendig ist und noch viel für die Kirche tun will.

DOMRADIO.DE: Neben dem offiziellen Konsistorium gab es Montag und Dienstag noch zwei Tage mit Besprechungen in der Synodenaula. Wie haben Sie das erlebt, worum ging es da?

Arborelius: Das waren sehr offene Gespräche. Ich war in einer englischen Sprachgruppe, es gab ja viele verschiedene Sprachen, da waren Kardinäle aus aller Welt dabei. Wir haben sehr begrüßt, dass sich die Kurie mehr als Gesprächspartner begreifen will. Das wurde ganz deutlich gemacht. Die Kurie ist nicht nur da, um dem Papst zu dienen, sondern der ganzen Kirche.

Man konnte eine wirklich weltweite Solidarität spüren. Ich glaube, dass die Kardinäle im Allgemeinen sehr zufrieden und hoffnungsvoll waren, dass wir der Kurie helfen können. Das war ein großes Ereignis, das wurde ganz deutlich.

DOMRADIO.DE: Trotzdem gibt es Kritik, dass kein wirklicher inhaltlicher Austausch stattfindet, kein Dialog. Können Sie das nachvollziehen?

Arborelius: Es gibt natürlich immer sehr unterschiedliche Auffassungen bei einigen Themen. Das ist ja ganz verständlich, wenn man aus so unterschiedlichen Ländern kommt. Trotzdem habe ich die Atmosphäre als sehr freundlich empfunden, auch wenn wir uns nicht bei allen Sachen einig waren.

DOMRADIO.DE: Hat Sie irgendetwas überrascht?

Arborelius: Man hat uns vorab geschrieben, dass wir uns immer im vollen Ornat bewegen sollen. Dabei war es die letzten Tage in Rom so heiß. Wir durften dann doch in zivil, also im normalen schwarzen Anzug auftreten. Das ist natürlich nur ein kleines Detail am Rande, aber es zeigt, dass das Wohlbefinden auch eine Rolle gespielt hat.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Was ist ein Konsistorium?

Die Kardinäle sind die engsten Mitarbeiter und Berater des Papstes als Oberhaupt der Weltkirche. Diese Aufgabe üben sie vor allem in Konsistorien aus, von lateinisch "consistorium" für "Versammlung". Der Papst beruft diese Treffen zu besonderen Anlässen ein und leitet sie. Es gibt ordentliche und außerordentliche Konsistorien.

Birette, rote viereckige Hüte für neu ernannte Kardinäle / © Romano Sicilian (KNA)
Birette, rote viereckige Hüte für neu ernannte Kardinäle / © Romano Sicilian ( KNA )
Quelle:
DR