In Myanmar ist Staatsrätin Aung San Suu Kyi bislang bei dem Versuch gescheitert, Frieden zu schaffen. Seit mehr als sieben Jahrzehnten wird das Land von bewaffneten Konflikten zwischen der Armee und ethnischen Völkern gepeinigt. Und auch ein Jahr nach der Machtübernahme der Friedensnobelpreisträgerin ist Myanmar von Frieden weiter entfernt denn je. Nun melden sich Religionsgemeinschaften mit Friedensinitiativen zu Wort - insbesondere die katholische Kirche.
Kardinal Charles Bo, Erzbischof von Rangun, zog in seiner Osterbotschaft eine ernüchternde Bilanz über die Fortschritte in Myanmar seit dem Ende der Militärjunta. Vieles habe sich in den vergangenen fünf Jahren zum Besseren gewendet, sagte Kardinal Bo. "Aber die Botschaft der Auferstehung hat noch nicht alle erreicht (...) Da sind der Krieg, die Konflikte und Vertreibungen in den Teilstaaten Kachin und Rakhine. Es gibt Tausende Flüchtlinge." Viele Menschen seien noch "begraben in den Gräbern der Armut und der Verzweiflung".
16 Bistümer, mehr als 700 Priester und 2.000 Ordensleute
Bo rief die Führer der Religionen in Myanmar eindringlich auf, "engstirnige Eigeninteressen zu überwinden und die Hoffnung der Auferstehung zu bringen". Die Katholiken, so Bo, hätten 16 Bistümer, mehr als 700 Priester und 2.000 Ordensleute. Auch die Protestanten hätten Hunderte Pastoren. Mit 500.000 Mönchen und 70.000 Nonnen aber seien die Buddhisten zahlenmäßig so groß wie die Armee. Eindringlich appellierte Bo: "Lasst uns zusammen die mächtigen Steine der Verzweiflung von unserem Leben wegrollen."
Die Bischofskonferenz von Myanmar lässt den Worten ihres Vorsitzenden in der kommenden Woche in Rangun mit einer katholischen Friedenskonferenz Taten folgen. Die Kirche, so der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Maurice Nyunt Wai, wolle an dem Friedensprozess nicht nur durch Gebete mitwirken. Khin Zaw Win, Direktor des unabhängigen Tampadipa-Instituts zur Stärkung der Zivilgesellschaft in Rangun, schätzt das Engagement von Bo: "Kardinal Charles Bo ist unter den religiösen Führern der Freimütigste. Aber weil die Christen eine Minderheit sind, ist ihr Einfluss nicht so groß."
1.000 Vertreter aller Religionen trafen sich zu Friedenskonferenz
Der Institutsdirektor bedauert, dass es auf der Seite der moderaten Buddhisten keine Führungspersönlichkeit wie den Kardinal gebe. "Leider fallen die Sayadaws (buddhistische Ordensältere) hinter den Erwartungen zurück", sagt Khin Zaw Win. "Es reicht nicht aus, ins Ausland zu reisen und sich mit dem Dalai Lama fotografieren zu lassen. Sie müssen ihre Stimmen im Land erheben."
An interreligiösen Initiativen für Frieden und Versöhnung mangelt es in dem sehr religiösen Land nicht. Auf Initiative der katholischen Kirche kamen Mitte März in der Stadt Mandalay mehr als 1.000 Vertreter aller Religionen zu einer Friedenskonferenz zusammen.
Hass und Gewalt
Aber anders als die hierarchisch organisierte katholische Kirche sprechen die Vertreter der anderen Religionen nicht unbedingt immer im Namen ihrer jeweiligen Glaubensgemeinschaft. Das findet Khin Zaw Win schade. "Wir brauchen dringend ein interreligiöses Gremium auf nationaler Ebene, einschließlich der Muslime", fordert der Bürgerrechtler.
Das aber berührt ein zentrales Problem. Unter den buddhistischen Mönchen gibt die radikale buddhistische Mönchsorganisation Ma Ba Tha den Ton an. Das stramm muslimfeindliche "Komitee zum Schutz von Rasse und Religion" ist treibende Kraft von Hass und Gewalt gegen die islamische Minderheit der Rohingya in Rakhine.
Wie sieht die Zukunft aus?
Der Muslim Harry Myo Lin teilt den Wunsch nach einer stärkeren Rolle der Religionen im schwierigen Friedensprozess. Aber der Leiter der Menschenrechts- und Friedensorganisation "The Seagull" in Mandalay betont auch, dass Religionen in der Geschichte Myanmars, dem früheren Birma, immer wieder von "interessierten Parteien" für ihre Zwecke benutzt worden seien.
Das werde gegenwärtig besonders deutlich, fügte der Menschenrechtler mit Blick auf die Ma Ba Tha hinzu. Und leider hätten bisher die "vereinten Kräfte der interreligiösen Kooperation" deren "Propaganda" nichts entgegensetzen können. Trotzdem schaut Harry Myo Lin zuversichtlich in die Zukunft. "Ich persönlich denke, dass wir den Hass überwinden können und Frieden in Myanmar möglich ist."