Nun sieht er eine Wiederbelebung der Debatte.
"Durch das Anwachsen des Priestermangels ist sie auch in vielen Teilen der Welt dringlicher geworden. Der Papst lässt jedenfalls ein Nachdenken zu. Das ist in dieser Deutlichkeit neu", sagte der emeritierte Mainzer Bischof der "Rheinischen Post" (Freitag).
Lehmann kommentierte damit entsprechende Aussagen von Papst Franziskus in einem Interview mit der "Zeit". Der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ergänzte: "Der Papst legt sich also nicht fest. Er weiß auch, dass es in der Kirche und ähnlich auch in der Welt für solche Entscheidungen die rechte Zeit braucht, den Kairos."
Papst nicht manipulieren
Nach Meinung Lehmanns sollte man jetzt "die differenzierte Meinung des Papstes nach keiner Seite hin manipulieren". Nach Jahrzehnten sei endlich eine ernsthafte, alle Gesichtspunkte einbeziehende, ehrliche, aber auch spirituelle Behandlung des Themas vonnöten. "Parolen haben auch bisher nichts genützt, aber die Sache ist ernst und in vielen Teilen der Welt dringlich", so der Kardinal.
Für Kardinal Reinhard Marx beziehe sich der Impuls des Papstes, über die Weihe von viri probati nachzudenken, auf Extremsituationen in entlegenen Weltgegenden wie Amazonien, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstag nach der Vollversammlung der Bischöfe in Bergisch Gladbach. Dort gebe es Gemeinden, die wegen extremem Priestermangels nur einmal im Jahr die Sakramente empfangen könnten.
Laut "Rheinische Post" sind die Worte des Papstes für die katholischen Laien in Deutschland "ermunternd". Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), sagte, wenn Franziskus betone, "es gibt Zeichen der Zeit, die man erkennen muss, dann horcht man natürlich auf". Der Zölibat generell steht nach Sternbergs Einschätzung im Moment noch nicht zur Diskussion. "Wir müssen die Debatte um die viri probati jetzt unbedingt führen, und dann wird man sehen, wie es weitergeht", sagte er.
Kein Konsens in der Weltkirche
Der Freiburger katholische Theologe Helmut Hoping lehnt dagegen die Idee, in der Ehe bewährte Männer direkt zu Priestern zu weihen, ab. Die Diakonenweihe sei nach geltendem Recht Voraussetzung für die Priesterweihe. Für die Abschaffung dieser Regel sehe er "gar keinen Konsens" in der Weltkirche.
Hoping schlägt angesichts des Priestermangels vielmehr vor, auch verheiratete Diakone zu Priestern zu weihen. Mit diesem Vorstoß habe er gemeinsam mit dem Mainzer Pastoraltheologen Philipp Müller eine Idee aufgegriffen, die schon länger im Raum stehe, sagte er am Mittwoch domradio.de.
Den beiden Wissenschaftlern gehe es dabei aber nicht darum, "die Abschaffung des Zölibats zu fordern", also der verpflichtenden Ehelosigkeit für Priester.