Der Münchner Kardinal Reinhard Marx vermisst in den Kirchen oft den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus. "Eine Kirche für sich, das ist eine Häresie", also eine Irrlehre, sagte er am Wochenende bei einer Fachtagung über politisches Christentum in der Evangelischen Akademie in Tutzing: "Nur eine Gemeinschaft, die sagt, wir sind für alle da, nur eine solche Kirche kann politische Relevanz haben."
Zentral sei für ihn der Satz "Alle Menschen bleiben Brüder und Schwestern", so der Erzbischof weiter: "Wenn wir das aufgeben, haben wir den Kern des Christentums nicht gelebt." Christen müssten Universalisten bleiben.
Kirche als Minderheit
Angesichts der vielen Austritte stelle sich für die Kirchen aber auch die Frage: "Wie kann eine Minderheit etwas für alle sagen?"
Die nächsten Jahrzehnte würden "ein sehr schmerzhafter Prozess der Selbstvergewisserung des Christentums". Die Kirche könne aber auch als Minderheit ihre Botschaft verbreiten, zeigte sich der Kardinal überzeugt. Dazu müsse sie jedoch deutlich machen können: "Das Reich Gottes ist jetzt!"
Marx äußerte sich bei einer Veranstaltung zu Ehren des evangelischen Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm, der im Herbst sein Amt an seinen Nachfolger Christian Kopp abgibt.