Kardinal: Papst will alte Gottesdienstform erlauben

Kein Schritt zurück

Latein oder nicht Latein? Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil war das für traditionalistisch-konservative Gruppen die katholische Liturgie-Frage Nummer eins - und wird es wohl bleiben: Papst Benedikt XVI. will die die alte, lateinischsprachige Messe wieder zulassen. Verpflichtend soll sie aber nicht sein.

 (DR)

Vatikan:
Kein Schritt zurück hinter die Liturgie-Reform
Papst Benedikt XVI. will laut Kurienkardinal Dario Castrillon Hoyos Gottesdienstfeiern nach den alten, vorkonziliaren liturgischen Regeln erlauben. Der Papst wolle es der ganzen Kirche ermöglichen, Gottesdienste und Sakramente nach den Vorschriften aus dem Jahr 1962 zu feiern, sagte der Kardinal am Mittwochabend im brasilianischen Aparecida.

Dies sei kein Schritt zurück hinter die Liturgie-Reform von 1970.
Vielmehr wolle Benedikt XVI. der Kirche alle Schätze der lateinischen Messe zur Verfügung stellen, die über Jahrhunderte das spirituelle Leben von Katholiken genährt hätten, sagte Castrillon Hoyos. Ziel sei es, der Kirchenspaltung ein Ende zu setzen und die volle Gemeinschaft zu erreichen.

Nach dem Zweiten Vatikanische Konzil (1962-65) wurde die jahrhundertelang übliche Form des katholischen Gottesdienstes in lateinischer Sprache, bei der der Priester mit dem Rücken zur Gemeinde steht, durch eine modernere Gottesdienstgestaltung und den Gebrauch der Landessprache abgelöst. Seitdem ist der alte Ritus nur in Ausnahmen möglich.

Stichwort: Tridentinische Messe
Traditionalistisch-konservative Gruppen fordern die Rückkehr zu dieser Gottesdienstform. 1988 wurde eine Gruppe von Traditionalisten um den französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905 - 1991) exkommuniziert. Dieser hatte ohne päpstliche Erlaubnis Bischöfe geweiht und damit eine Kirchenspaltung begründet.

Im Vatikan wurde daraufhin die Kommission "Ecclesia Dei" gegründet, die nach dem Bruch Lefebvres mit Rom auf eine Überwindung der Gegensätze hinarbeiten soll. Leiter dieser Kommission ist Castrillon Hoyos. Vatikanbeobachter rechnen in den kommenden Wochen mit einer offiziellen Anweisung des Papstes, ob und wie lateinische Messen nach dem vorkonziliaren Ritus wieder gefeiert werden dürfen.

Als tridentinische Messe bezeichnet man den lateinischsprachigen Gottesdienst, wie er nach dem Konzil von Trient (1545-1563) für die katholische Kirche weltweit vorgeschrieben war. Diese Messbücher wurden erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) schrittweise durch eine erneuerte Liturgie ersetzt, die in der Regel in der jeweiligen Landessprache gefeiert wird, aber auch in lateinischer Sprache gefeiert werden kann.