Kardinal ruft zu Protest gegen Gesetz zur Suizidbeihilfe auf

"Mitfühlende Palliativversorgung" nötig

Der Londoner Kardinal Vincent Nichols ist gegen die geplante Legalisierung der Suizidbeihilfe in Großbritannien. Er fordert Katholiken auf, ihre Abgeordneten zu kontaktieren. Diese sollten im Parlament gegen den Gesetzentwurf stimmen.

Tabletten in der Hand / © funnyangel (shutterstock)

Nichols ist Vorsitzender der Bischofskonferenz von England und Wales. Laut Bericht der Zeitung "The Tablet" planen auch andere Bischöfe Hirtenbriefe zu dem Thema.

Kardinal Vincent Nichols / © Romano Siciliani (KNA)

Der Kardinal erneuert in seinem Schreiben nicht nur die Grundsatzkritik der Kirche zur Sterbehilfe, sondern missbilligt auch den aus seiner Sicht unzureichenden parlamentarischen Prozess für das Gesetz. Dass das Unterhaus weit mehr Zeit damit verbracht habe, über das Verbot der Fuchsjagd zu debattieren, als über den "langen und komplexen" Gesetzesentwurf zur Einführung der Suizidbeihilfe, werfe ein schlechtes Licht auf die Prioritäten der Abgeordneten, so der Nichols.

Minimale Zeit für Debatte

Der Gesetzesentwurf selbst sei lang und komplex, die Zeit für die Debatte jedoch minimal gewesen, kritisiert der Erzbischof von Westminster. Dazu habe der Ausschuss, der das Gesetz prüft, nur drei Tage lang und sehr einseitig Stimmen gesammelt, die das Gesetz unterstützten.

Hilfe bei Suizidgedanken

Wenn Sie daran denken, sich das Leben zu nehmen, versuchen Sie, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Es gibt eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen Sie – auch anonym – mit anderen Menschen über Ihre Gedanken sprechen können.

Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.

Die Angebote der Telefonseelsorge haben sich immer weiter spezialisiert / © Markus Scholz (dpa)
Die Angebote der Telefonseelsorge haben sich immer weiter spezialisiert / © Markus Scholz ( (Link ist extern)dpa )

Nichols spricht sich daher für die Einsetzung einer sogenannten Royal Commission (Königliche Kommission) mit Experten oder eine andere unabhängige Untersuchung aus, bevor eine derartige Gesetzesänderung zu Fragen von Leben und Tod in Betracht gezogen wird. Die dritte Lesung und Abstimmung über das Gesetz soll Ende April, vermutlich am 25. April, im Parlament in London stattfinden.

In seinem Schreiben wirft der Kardinal zudem die Frage auf, ob Patienten oder medizinisches Personal ausreichend vor Druck geschützt würden. "Wie werden die Schwachen vor Zwang geschützt oder davor, dass sie sich als Belastung für die Familie fühlen? Können die Abgeordneten garantieren, dass kein Arzt oder Pflegepersonal gezwungen wird, an einem assistierten Suizid teilzunehmen?" 

Statt einer Liberalisierung von Sterbehilfe sei eine "erstklassige, mitfühlende Palliativversorgung am Ende des Lebens" nötig, betont Nichols. Eine gute Gesellschaft solle der Fürsorge für ältere, schutzbedürftige und schwache Menschen Priorität einräumen.

Was ist Palliativmedizin?

Sich vom Leben zu verabschieden, ist schwer. Die Palliativmedizin will Menschen mit  unheilbaren und lebensverkürzenden Erkrankungen die verbleibende Zeit erleichtern. Im Vordergrund steht nicht, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben, wie es die Begründerin der modernen Hospizbewegung, die Engländerin Cicely Saunders, einmal gesagt hat. Spätestens, wenn die medizinischen Möglichkeiten zur Heilung einer Krankheit ausgeschöpft sind und die Lebenserwartung nur noch begrenzt ist, beginnt die Palliativmedizin.

"Von Infusion zu Infusion schauen, wie es weitergehen kann", sagt Palliativmediziner Dr. Hennesser. / © Beatrice Tomasetti (DR)
"Von Infusion zu Infusion schauen, wie es weitergehen kann", sagt Palliativmediziner Dr. Hennesser. / © Beatrice Tomasetti ( DR )