"Die Religionsparteien im Islam müssen einander tolerieren lernen", sagte der Wiener Erzbischof im Interview des «Kurier» (Sonntag). Zugleich müssten islamische Zuwanderer die Religionsfreiheit ohne Abstriche akzeptieren.
Im Blick auf weit verbreitete Vorbehalte gegenüber Muslimen sagte der Wiener Erzbischof: "Gegen etwas sein, ist noch keine Lösung. Wenn wir überzeugt sind, dass die christlichen die lebenswerten Werte sind, dann werden wir jenen, die zu uns kommen, diese Überzeugung anbieten." Es sei ja auch "kein Zufall, dass viele Muslime bei uns Christen werden wollen", so der Kardinal.
Vergleich mit dreißigjährigem Religionskrieg
Die jetzige Situation im Islam könne mit dem dreißgjährigen Religionskrieg vor 400 Jahren verglichen werden, so Schönborn. Am Ende habe es nach einem mühsamen, reinigenden sowie heilsamen Prozess Aufklärung und Toleranz zwischen Protestanten und Katholiken gegeben.
Das sei für den Islam zu hoffen. Schönborn wörtlich: "Warum soll es nicht auch im Islam Regenerationskräfte geben, die eine wirkliche spirituelle Erneuerung und ein klares Nein gegenüber der Gewaltanwendung bringen? Ich hege zumindest diese Hoffnung."
Experten sprechen von tiefster Krise
Zugleich dämpfte der Kardinal verfrühten Optimismus, indem er sagte: "Der Krieg zwischen Schiiten und Sunniten ist - in der Zuspitzung, die es zur Zeit gibt - erst am Anfang." Erschwerend komme hinzu, dass es sich um einen globalisierten Konflikt handle, weswegen Experten derzeit die "tiefste Krise" sähen, die der Islam in seiner Geschichte durchlebe.
Zentral sei im Verhältnis zum Islam der Wert der Religionsfreiheit, zumal Konversion - also der Übertritt zu einer anderen Glaubensgemeinschaft - im Islam größtenteils nicht vorgesehen sei. "Da müssen wir ganz klar sagen: Hinter die Forderung der Religionsfreiheit können wir nicht zurückgehen. Das ist Charta der Vereinten Nationen. Da hat der Islam Nachholbedarf", so der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz.