"Wer ist eigentlich der Heilige Geist?", begann Kardinal Woelki seine Predigt. Unter dem Vater und dem Sohn könne man sich ja etwas vorstellen, der Geist aber "habe kein Gesicht". Deshalb sei er auch oft als der unbekannte Gott bezeichnet und immer wieder in Vergessenheit geraten worden. Selbst das Zweite Vatikanische Konzil habe ihn erst nachträglich in seine Texte eingefügt.
"Wer er ist, kann nur erahnt werden aus dem, was er wirkt und was er tut", so Woelki. Im Evangelium wirke er erst in den Jüngern und dann durch die Jünger. Der Heilige Geist bringe Bewegung und treibe uns wie die zwölf Apostel an, Jesu Wort zu verkünden.
Für den Evangelisten Johannes sei der Osterabend bereits Pfingsten. Für ihn komme der Heilige Geist aus dem Auferstandenen. Pfingsten werde zur "Austeilung von Ostern", zur Offenbarung des Geheimnisses, "das sich im Kreuz und Auferstehen Jesu ausdrückt", erklärte Kardinal Woelki im Kölner Dom.
Das heißt, der Heilige Geist sei nicht irgendeine Kraft, sondern die Liebe Gottes, die uns vom Kreuz anblickt. Er sei die Gabe der Versöhnung Gottes an die Welt. Gott beginne durch den Heiligen Geist in unseren Herzen zu wohnen.
Und auch wenn er kein greifbares Antlitz habe, gebe es doch sein Erkennungszeichen. "Wo auf Erden Sünden vergeben werden, da ist der Geist am Werk", betonte Woelki. Der Heilige Geist stärke die communio, die Gemeinschaft. Wo wir diese Gemeinschaft mit Gott leben, da beginne die neue Schöpfung, da sei der Geist am Werk.
Mädchenchor sang
Musikalische Gestaltung des Pontifikalamtes an Pfingstsonntag hatten der Mädchenchor am Kölner Dom und Mitglieder des Gürzenich-Orchesters Köln sowie anderer Orchester unter der Leitung von Oliver Sperling. Als Solistinnen sangen Corinna Kaiser (Sopran I), Merle Bader (Sopran II) und Anna Goeke (Alt). Die Orgel spielte Winfried Bönig.
50 Tage Osterzeit
An Pfingsten feiern wir in der Sendung des Heiligen Geistes, den Jesus seinen Jüngern verheißen hat, die Vollendung des Christus- und Ostermysteriums. Das erste Pfingstfest war nach dem Bericht der Apostelgeschichte (Apg 2,1–11) an einem jüdischen Feiertag, dem Erntedankfest für die Weizenernte, das fünfzig Tage nach dem Paschafest gefeiert wurde. Mit dem Dank für die Frucht der Erde verband sich ein anderer Dank, nämlich die Erinnerung an den Bundesschluss auf dem Sinai.
Sieben Wochen nach dem Paschafest, am 50. Tag ("Pentekoste" = Pfingsten), wird der Heilige Geist als Frucht und Vollendung der Heilstat Christi ausgegossen: Der Neue Bund ist geschlossen – das ist der Inhalt dieses neuen Erntedankfestes. Pfingsten ist also so etwas wie eine "Schlussfuge" der gesamten Feier: Christus lebt und wir leben in der Kraft des Heiligen Geistes in ihm. Aus: TeDeum – Das Stundengebet im Alltag, Mai 2023, www.tedeum-beten.de