Kardinal Woelki nimmt in Rom Abschied von Benedikt XVI.

"Hat mich väterlich begleitet"

Eine tiefe Verbundenheit zwischen Köln und Benedikt XVI. sieht der Kölner Erzbischof Woelki und erinnert sich gern an den Weltjugendtag 2005. Er wünscht sich eine Vertiefung und wissenschaftliche Aufarbeitung von Benedikts Theologie.

Kardinal Woelki in Trauer um Benedikt XVI. (KNA)
Kardinal Woelki in Trauer um Benedikt XVI. / ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie hatten die Gelegenheit, selber Abschied von Benedikt XVI. zu nehmen. Wie haben Sie diesen Moment erlebt?

Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Köln): Es war mir natürlich sehr wichtig, heute hier zu sein, um Abschied von Papst Benedikt zu nehmen, dem wir in unserem Erzbistum Köln ja viel verdanken. Ich erinnere mich daran, dass er in unserem Erzbistum die ersten Schritte als Professor gegangen ist und er an unserer Bonner Fakultät als Dozent für Fundamentaltheologie tätig war. Ich habe immer noch die leuchtenden Augen manch älterer Priester vor mir, wenn sie erzählen, wie das damals gewesen ist, wie der Hörsaal voll war und wie diese jungen Studenten an den Lippen dieses jungen Professors gehangen haben. Das ist sicherlich das eine. Es gibt eine tiefe Verbundenheit unseres Erzbistums mit Papst Benedikt. Über Kardinal Frings, der ihn ja mitgenommen hat zum Zweiten Vatikanischen Konzil als theologischen Berater, aber dann auch mit Kardinal Höffner, mit Kardinal Meisner.

Und ich darf selber sicherlich auch sagen, dass er mich wirklich väterlich begleitet hat, nachdem er mich als Erzbischof für das Erzbistum Berlin ernannt hat und ich ihn damals dann ja auch bei seinem Deutschlandbesuch in Berlin begrüßen und empfangen durfte.

Papst Benedikt XVI. beim Weltjugendtag in Köln / © Wolfgang Radtke (KNA)
Papst Benedikt XVI. beim Weltjugendtag in Köln / © Wolfgang Radtke ( KNA )

DOMRADIO.DE: Viele erinnern sich noch an die Benedetto-Rufe beim Weltjugendtag 2005. Wie haben Sie das damals erlebt?

Woelki: Das war kurz nach der Wahl von Papst Benedikt XVI. und ich hatte damals den Eindruck, dass das wahnsinnig verjüngend auf ihn gewirkt hat. Ich glaube, er selber ist auch ein wenig erstaunt darüber gewesen, so kurz nach der Wahl gerade auch von jungen Leuten so herzlich aufgenommen und begrüßt zu werden. Hatte man doch vorher immer gedacht: Ach, das ist so ein eher kühler, distanzierter Mensch und scheuer Professor, der da jetzt auf dem Stuhl Petri sitzt.

Das Gegenteil war der Fall und die jungen Leute haben damals sehr schnell gespürt, dass der Papst ein Herz für junge Menschen hat und dass vor allen Dingen auch sein Wort, das ja immer ein sehr tiefes und auch geschliffenes Wort gewesen ist, auch junge Menschen ergreifen konnte und ergriffen hat.

DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie sich, was vom Papst Benedikt XVI. bleibt?

Woelki: Zunächst einmal wünsche ich mir natürlich, dass seine Theologie und sein theologisches Schaffen und Wirken weiter vertieft und wissenschaftlich aufgearbeitet werden und dass wir sein Denken auch für kommende Generationen fruchtbar machen können. Ich glaube, dass es kaum einen Theologen gibt, dessen theologisches Denken, vom Zweiten Vatikanischen Konzil angefangen bis heute, einen solchen Einfluss hatte. Denn wir müssen ja auch sehen, dass er das Pontifikat von Papst Johannes Paul II. über 24 Jahre als Präfekt der Glaubenskongregation  entscheidend mitgeprägt hat. Und dass viele Enzykliken, viele Texte, die uns dort geschenkt worden sind, sicherlich auch seine Handschrift tragen. Und natürlich auch die seines Pontifikats. Er ist wirklich ein Theologe, der Theologiegeschichte seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil geschrieben hat wie kaum ein zweiter. Das ist sicherlich etwas, was ich mir wünsche.

Und natürlich wünsche ich mir, dass auch sein Vermächtnis, das er uns als Papst hinterlassen hat, entsprechend wertgeschätzt und gewürdigt wird und dass wir ihn vor allen Dingen auch als einen tiefgläubigen, betenden Menschen in Erinnerung behalten, der seine Theologie vor Christus durchdacht und durchbetet hat, was im Grunde genommen mit dazu beigetragen hat, dass Glaube und Vernunft in ihm eine Einheit hatten und versöhnt waren.

Rainer Maria Kardinal Woelki, Erzbischof von Köln

"Dass wir ihn als einen tiefgläubigen, betenden Menschen in Erinnerung behalten, der seine Theologie vor Christus durchdacht und durchbetet hat"

DOMRADIO.DE: Wie verändert sich nach Ihrer Einschätzung jetzt möglicherweise das Pontifikat von Papst Franziskus?

Woelki: Das vermag ich jetzt nicht zu sagen. Papst Franziskus ist ja bis jetzt seinen eigenen Weg gegangen. Er hat sehr stark betont: Ihm ist wichtig, die evangelisierende Dimension der Kirche deutlich zu machen. Papst Franziskus hat ein großes und ein weites Herz für die Armen in der Welt, für die Menschen, die in Not sind.

Und ich denke, der Papst hat hier seinen Weg nach seiner Wahl gut begonnen und er wird ihn in dieser Weise auch weiter vorangehen und voranschreiten und mit seiner Tatkraft die Kirche in die nächsten Jahre hinein führen. Insbesondere denke ich da auch an die große Weltsynode.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.

Quelle:
DR