Kardinal Woelki reagiert auf Kritik an Beratungsgremium

"Wir haben einen gemeinsamen Auftrag"

Das wichtigste pastorale Beratungsgremium des Kölner Erzbischofs soll neu aufgestellt, vielfältiger und offener gestaltet und verschlankt werden. Gegenüber der Kirchenzeitung geht Kardinal Rainer Woelki auf Kritik an dem Vorhaben ein.

Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln. / © Theo Barth (KNA)
Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln. / © Theo Barth ( KNA )

Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln: Herr Kardinal, warum wird der Diözesanpastoralrat (DPR) überhaupt neu geordnet?

Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Köln): Der Diözesanpastoralrat ist ein ganz wichtiges Gremium, das mich als Erzbischof in allen pastoralen Fragen berät. 

Das pastorale Handeln der Kirche muss lebendig auf den Erfahrungen der Menschen in unseren Pfarreien aufbauen und laufend weiterentwickelt werden. Deshalb habe ich die Verantwortlichen im Generalvikariat gebeten, die Zusammensetzung des künftigen DPR so zu gestalten, dass er die große Vielfalt der Menschen und Lebensumstände im Erzbistum Köln abbildet, sodass diese ihre Erfahrungen in die Beratung einbringen. Um das zu erreichen, wird der neue DPR ein schlankes und vielfältiges Gremium sein: Es werden ihm insgesamt etwa 50 Personen angehören. Dabei wird ganz bewusst die Beteiligung junger Menschen bis 30 Jahre und der Altersgruppe über 70 gestärkt werden. Außerdem wird es eine gute Verteilung von Bewerbern aus eher ländlichen und aus städtischen Kontexten geben. 

 

Alle Gremien, die bisher Vertreter in den DPR entsandt haben, werden auch zukünftig vertreten sein, in einigen Fällen allerdings mit weniger Personen. Wie bisher werden im DPR haupt- und ehrenamtlich Tätige, Vertreter der Berufsgruppen der Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferenten sowie Engagierte aus allen Regionen des Erzbistums ihre je eigenen Perspektiven und Erfahrungen einbringen. Ein Teil der Mitglieder wird erstmals durch ein offenes, notariell überwachtes Losverfahren bestimmt. So stärken wir im DPR gerade die Stimmen, die nicht ohnehin in anderen Gremien vertreten sind.

Kardinal Woelki

"Was könnte offener und direkter sein als ein einfaches und offenes Losverfahren?"

Kirchenzeitung: Welche Hoffnung verbinden Sie mit dieser Veränderung?

Woelki: Die Vielfalt, die sich im neuen DPR abbildet, ist äußerst wertvoll für mich, vor allem bei den zentralen Zukunftsthemen unseres Erzbistums. Die Notwendigkeit struktureller Veränderungen, die wir im Erzbistum Köln erkannt haben und mit dem Prozess "#ZusammenFinden" angehen, muss sich natürlich auch in den zentralen Beratungsgremien, allen voran dem DPR widerspiegeln. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, dass der Wissens- und Erfahrungsschatz möglichst vieler Menschen im Erzbistum im neuen DPR fruchtbar wird für die nötigen strukturellen, aber noch mehr für die geistlichen Aufbrüche, zu denen wir uns gemeinsam in der Kirche von Köln auf den Weg machen wollen. 

Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki (links) und Generalvikar Markus Hofmann (Mitte links) bei der Diskussionsrunde beim Diözesanpastoralrat DPR in Bensberg 10./11. Juni 2022 / © Christina Weyand (Erzbistum Köln)
Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki (links) und Generalvikar Markus Hofmann (Mitte links) bei der Diskussionsrunde beim Diözesanpastoralrat DPR in Bensberg 10./11. Juni 2022 / © Christina Weyand ( Erzbistum Köln )

Leben teilen – den Glauben bezeugen – das Evangelium weitergeben: Das sind die Leitworte, die über dem Leben und der Entwicklung unseres Erzbistums stehen sollen. Denn darum geht es: hier vor Ort als Kirche von Köln den Auftrag Jesu zu erfüllen, sein Evangelium allen Menschen zu verkündigen. Damit das gelingen kann, sind wir alle aufgerufen, ganz neu missionarisch Kirche zu sein – hier und jetzt. Diesem Ziel dienen an ganz zentraler Stelle auch die Beratungen und der Austausch im DPR.

Kirchenzeitung: Was sagen Sie zu der Kritik, dass die Neubesetzung von Laien per Losverfahren nicht demokratisch legitimiert sein soll?

Woelki: Was könnte offener und direkter sein als ein einfaches und offenes Losverfahren, wie wir es nun vorhaben? Menschen eine eigene Stimme zu geben, die vielleicht auf unseren gewohnten Wegen nie eine Chance hätten, sich auf dieser

Ebene einzubringen. Demokratischer geht es doch kaum. Wir haben uns dabei von den Bürgerräten in der Zivilgesellschaft inspirieren lassen, die ebenfalls zufällig ausgewählt werden und nach Diskussionen Handlungsempfehlungen abgeben. So wollen wir es auch im kirchlichen Kontext halten. Zusätzlich möchten wir aber die positiven synodalen Erfahrungen aufnehmen, die im Rahmen der Weltsynode in Rom gemacht wurden: Die Teilnehmer waren von der besonderen Haltung des Aufeinander-Hörens, des Miteinander-Betens und des Miteinander-Gehens begeistert. Diese Form von Synodalität wollen wir mit dem neuen DPR intensiv einüben und leben.

Das Losverfahren, mit dem 18 der insgesamt 51 Mitglieder des DPR bestimmt werden, wird dafür sorgen, dass der Vielfalt der Menschen im Erzbistum im DPR Rechnung getragen wird. Gerade engagierte Katholikinnen und Katholiken, die nicht in einem der Verbände organisiert sind, einem Gremium angehören oder in einem Beschäftigungsverhältnis zum Erzbistum stehen, erhalten durch das Losverfahren die Möglichkeit, sich zu den wichtigen Themen, die im DPR beraten werden, einzubringen. So stärken wir im DPR die Vielfalt der Mitglieder und der Meinungen. Und diese Idee scheint auch anzukommen. 

Der Diözesanpastoralrat bei der Arbeit. / © Pietrowski (Erzbistum Köln)
Der Diözesanpastoralrat bei der Arbeit. / © Pietrowski ( Erzbistum Köln )

Ich freue mich sehr, dass sich nach der Bekanntgabe der Veränderungen des DPR und der Einführung des Losverfahrens bereits die ersten Menschen gemeldet haben und uns geschrieben haben: Das finde ich spannend, da will ich mitmachen und mich bewerben. Bewusst haben wir darauf geachtet, dass Menschen eine Stimme in den Beratungsgremien bekommen, die bisher zu wenig Gehör gefunden haben: Neben den schon erwähnten jungen Menschen unter 30 sowie den Menschen über 70 sind das auch Mitglieder der muttersprachlichen Gemeinden, die immerhin gut 20 Prozent der Katholikinnen und Katholiken im Erzbistum ausmachen. Diese Vielfalt wird noch dadurch unterstrichen, dass unter den gelosten Mitgliedern des DPR genauso viele Frauen wie Männer sein werden.

Kardinal Woelki

"Laien tragen in unserem Erzbistum auf allen Ebenen maßgebliche Verantwortung."

Kirchenzeitung: Welche Bedeutung haben Laien im Erzbistum Köln? Wie wichtig ist die Expertise von Laien für Entscheidungsprozesse des Erzbischofs?

Woelki: Laien tragen in unserem Erzbistum auf allen Ebenen maßgebliche Verantwortung: in den Pfarreien zum Beispiel 
als Kirchenvorstände und Pfarrgemeinderäte, als Pastoral und Gemeindereferentinnen in der Seelsorge und in der Verwaltung unseres Erzbistums im Generalvikariat. Auf allen Ebenen bringen sie sich mit ihrer Erfahrung und Expertise ein. 

Letztes Jahr habe ich sogar die Leitung des Generalvikariats auf drei Personen aufgeteilt, sodass der Generalvikar nun die Verantwortung mit zwei Laien teilt: dem Amtsleiter für die Verwaltungsthemen und dem Ökonomen für die Finanzen. Das war immer schon meine Haltung: Laien überall dort in Verantwortung bringen, wo es kirchenrechtlich möglich ist. Deswegen habe ich im neuen DPR ja auch den Anteil der Priester auf ein Drittel begrenzt. 

Es kommt mir vor allem auf ein gutes Miteinander an, das auch die Rolle des jeweils anderen schätzen und anerkennen kann: Laien, Priester, Junge, Ältere, Frauen, Männer. Papst Franziskus hat einmal geschrieben: "Jeder ist eine Mission!" Ich möchte, dass wir das neu entdecken. Jede und jeder, egal wer – ob Laie oder Priester –, wir alle haben den gemeinsamen Auftrag, auch heute das Evangelium zu verkünden und den Auftrag Jesu zu erfüllen: "Darum geht und mach alle Völker zu meinen Jüngern!" (Mt 28,19). Eine größere Verantwortung und Bedeutung auch für Laien kann es doch gar nicht geben!

Das Interview führte Robert Boecker, Chefredakteur der Kirchenzeitung des Erzbistums Köln.

Drei Fragen zum modifizierten Verfahren der Neuordnung des Diözesanpastoralrats

Das wichtigste pastorale Beratungs- gremium des Erzbischofs wird demnächst weiterentwickelt und neu aufgestellt.
Ziel ist es, das Gremium vielfältiger und offener zu gestalten. In Zukunft soll der Diözesanpastoralrat von 75 auf 51 Mitglieder verschlankt werden. 18 frei geloste Laien aus dem Erzbistum Köln werden dem künftigen DPR angehören.

Tagung des Diözesanpastoralrats (Erzbistum Köln Presse)