In einer Videoerklärung fand der Kölner Erzbischof deutliche Worte: "Ich wäre als Pilger nach Aachen gekommen so wie viele Tausende auch. Ich bin davon überzeugt, dass es unter Christen möglich sein muss, unterschiedliche Auffassungen zu haben und deutlich zu vertreten – und dennoch gemeinsam die heilige Eucharistie zu feiern. Und hier heißt katholisch zu sein, dass bei allem Protest die Eucharistie von niemandem instrumentalisiert werden darf für eigene Ziele, denn es ist Christus, der uns als katholische Christinnen und Christen unterschiedslos einlädt."
Nach der durch das Bistum Aachen ausgesprochenen Einladung hatte es in Aachen im Vorfeld Protestaktionen gegen die Zelebration gegeben. Ebenfalls wurden Aktionen während der Schlussmesse der Heiligtumsfahrt angekündigt.
"Nicht dem Gift der Polarisierung erliegen"
"Katholisch sein, Weltkirche sein, bedeutet unter anderem, sich bei allen Unterschieden gemeinsam auszuhalten. Das gilt vor allem auch bei der Aufarbeitung sexuellem Missbrauchs. Mir persönlich sind Prävention, Aufklärung und Aufarbeitung ein Herzensanliegen. Betroffene sexuellen Missbrauchs müssen sowohl vor weltlichen Gerichten wie auch in der Kirche zu ihrem Recht kommen. Und hier heißt katholisch zu sein – auch wenn die Aufarbeitung weh tut und sie tut weh – nicht dem Gift der Polarisierung zu erliegen, sondern Brücken zu bauen", so Kardinal Woelki, Metropolit der Kölner Kirchenprovinz.
Woelki sollte am Sonntag die Pilgermesse auf dem Katschhof in Aachen feiern. Das Bistum Aachen ist Suffraganbistum des Erzbistums Köln. Die Messe wird nun Bischof Dieser feiern. "Eine Situation, die absehbar nicht mehr erwarten lässt, dass eine geistlich verbindende Atmosphäre zur Feier des Gottesdienstes erlebbar wird, möchte ich vermeiden", sagte Dieser am Samstagnachmittag. Die Entscheidung sei in enger Abstimmung mit Dompropst und Wallfahrtsleiter Rolf-Peter Cremer getroffen worden.
DOMRADIO.DE überträgt den Gottesdienst live in Bild und Ton ab 11 Uhr.
Die Heiligtumsfahrt in Aachen endet am Montagabend mit der sogenannten Verschließungsfeier. Im Mittelpunkt der seit 1349 begangenen Wallfahrt stehen vier Tuchreliquien, die 799 Karl dem Großen übergeben wurden. In ihnen wird das Kleid Mariens aus der Heiligen Nacht, Windeln Jesu, das Lendentuch des Gekreuzigten und das Enthauptungstuch Johannes des Täufers verehrt. Für ihre Echtheit gibt es keine historischen Nachweise. Die Kirche heute sieht in ihnen
Zeichen, die auf Jesus hinweisen. Normalerweise findet die Heiligtumsfahrt alle sieben Jahre statt; pandemiebedingt wurde der reguläre Rhythmus 2021 unterbrochen und das Glaubensfest um zwei Jahre verschoben.