Kardinal Woelki verteidigt Zölibat

"Eine Liebesgeschichte mit dem Herrn"

Die Diskussion um den Zölibat bleibt aktuell. Nun hat der Kölner Kardinal Woelki ein Plädoyer für die Ehelosigkeit gehalten. In seiner Predigt in der Chrisammesse nannte er die Liebe zum Herrn die prägende Kraft priesterlichen Lebens.

Autor/in:
Carsten Loose
Kardinal Woelki in der Chrisammesse / © Screenshot domradio.de (DR)
Kardinal Woelki in der Chrisammesse / © Screenshot domradio.de ( DR )

"Um des Himmelreiches willen aus freien Stücken haben wir (Priester, Anmerkung d. Red.) auf eine Ehe verzichtet, um so Gott und den Menschen zu dienen. Nicht aus Mangel an Liebe haben wir das getan, sondern weil wir auf eine Vollendung der Liebe gesetzt haben, die über jede menschliche Erfüllung hinausgeht", so der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki zu den Gottesdienstbesuchern am Montagabend im Kölner Dom.

Mit ganzer Kraft dem Dienst an der Familie Gottes widmen

"Allein der Herr verdient es, mit ganzer Leidenschaft geliebt zu werden", bezog der Kölner Erzbischof in seiner Predigt ein Zitat von Charles de Foucauld mit ein. "Um seinetwillen kann ein Mensch auf die Ehe verzichten und durch ein eheloses Leben ausdrücken, dass er von Christus geliebt ist und er diese Liebe mit ungeteiltem Herzen erwidert. Natürlich will das keine Geringschätzung der Ehe sein. Im Gegenteil! Wir haben mit unserer Entscheidung auf etwas Großes verzichtet, um dem Ruf des Herrn folgend – frei von der Sorge um eine eigene Familie – uns mit ganzer Kraft dem Dienst an der Familie Gottes zu widmen", fuhr Woelki fort.

Mit der Lebensentscheidung als Priester dürfe man sich solidarisch machen mit den Ungezählten, denen das Glück einer Ehe versagt sei, ergänzte Woelki. "Wie viele Menschen gibt es, die keinen geliebten Menschen haben, die keinen Menschen haben, von dem sie geliebt werden, deren Leben in diesem Punkt unerfüllt bleibt! Weil wir uns so von Gott geliebt wissen dürfen, deshalb können wir solchen, denen in ihrem Leben eine solch liebende Beziehung vorenthalten wurde, Vater, Bruder und Freund sein, dürfen solidarisch sein mit denen, die von ihrem Leben her rufen: Ich habe keinen Menschen, der mir hilft."

Auch einsame Stunden

Es gebe natürlich auch einsame Stunden, gab der Kölner Erzbischof zu: "Aber gehören die denn nicht grundlegend zu einem jeden menschliche Leben? Treffen wir auf solche Stunden nicht auch in einer ehelichen Partnerschaft? Wir dürfen gerade in diesen einsamen Stunden unseres Lebens besonders denen nahe sein, deren Leben so grundlegend einsam ist: dort, wo eine Liebe zerbricht, dort, wo einer von seiner unheilbaren Krankheit erfährt, dort, wo einer die Einsamkeit des Sterben-Müssens durchleidet. Ja, wir sind dann sogar in einer sehr existentiellen Weise dem Herrn nahe, weil er uns würdigt, an seiner Kenosis, an seiner Einsamkeit, an seinem Unverstanden-Sein teilzuhaben. Eine so verstandene und gelebte Ehelosigkeit führt nicht zu einer Verkümmerung unseres Menschseins, sondern eröffnet neue Möglichkeiten echter Freiheit und schöpferischer Liebe und wird so ein Weg zu einem reich erfüllten Leben. In der Ehe ist das nicht anders. Denn auch die Liebe, die Mann und Frau aneinander bindet, schenkt neue Möglichkeiten der Freiheit und schöpferischer Fruchtbarkeit."

"Sollte insofern die Bindung der Liebe an Christus in einem ehelosen Leben etwa weniger fruchtbar sein und einem ehelos Lebenden weniger Raum für die Entfaltung und Reifung echter Menschlichkeit geben? Damit ein solches Leben gelingen kann, muss die Liebe zum Herrn die prägende Kraft unseres Lebens bleiben. Wie Eheleute ihr ganzes Leben miteinander und füreinander gestalten, so müssen auch wir alles, was wir tun, immer in der Gemeinschaft mit Jesus tun, auf dass unser Leben eine Liebesgeschichte mit dem Herrn bleibt. Die Mitte unseres Lebens und Arbeitens ist und bleibt deshalb der vertraute Umgang mit dem Herrn. Und das bringt Freude in unser Leben. Das gibt die Kraft, die auch manches Schwere durchtragen lässt."

Freude am Herrn

Der Kölner Erzbischof beendete seine Predigt mit einem Appell: "Bewahren wir uns deshalb immer diese unsere Freude am Herrn, der unsere Kraft ist. Wenn wir so unseren priesterlichen Lebensweg weitergehen, brauchen wir keine Angst zu haben. Denn die Freude am Herrn ist und bleibt unsere Stärke. Er allein verdient es, mit ganzer Leidenschaft geliebt zu werden. Die Erneuerung unserer Bereitschaftserklärung zum priesterlichen Dienst am heutigen Tag – sie will uns dazu erneut verhelfen."

Anfang des Jahres hatten elf Priester aus dem Erzbistum Köln zu ihrem 50. Priesterjubiläum einen offenen Brief geschrieben und darin Reformen für die Kirche angesprochen. Unter anderem beklagten sie, dass der Zölibat verbunden mit dem "Modell alleinstehender Mann" immer wieder zu fruchtloser Vereinsamung oder/und hilfloser Arbeitshetze führe.

 

Quelle:
DR