Kardinal Woelki verurteilt aktive Sterbehilfe für Kinder

Mehr Hilfe gegen Schmerzen

Kardinal Woelki kritisiert die Zulassung aktiver Sterbehilfe für Kinder in Belgien. Kein Parlament sollte die Erlaubnis zu aktiver Sterbehilfe geben, fordert er. Hier sein Gastbeitrag für die Berliner Zeitung im Wortlaut.

Kardinal Woelki (dpa)
Kardinal Woelki / ( dpa )

Es ist mit das schwerste, was ich selbst erlebt habe: mit ansehen zu müssen, wie ein Kind an einer tödlichen Krankheit und unerträglichen Schmerzen leidet, wie die Gewissheit des bevorstehenden Todes jede Hoffnung auf Heilung raubt. Es ergibt keinen Sinn, wenn auf einen jungen Menschen, der gerade erst das Leben kennenlernen will, unausweichlich das Sterben zukommt.

Das ist schier unerträglich. Der kleine Junge ist gestorben, ich werde ihn nie vergessen, und seine Mutter, die mit ihm um sein Leben gekämpft hat. Sein Sterben hat mir auch meine eigene Hilflosigkeit vor Augen geführt.

Eine "einfache Lösung“ gab es nicht. Und es gibt sie auch jetzt nicht, wenn das belgische Parlament das Recht auf aktive Sterbehilfe auf Kinder ausweitet.

Ich kann mir vorstellen, dass das selbstbestimmte Sterben auch für einen jungen Menschen als die einzige Möglichkeit erscheint, die unerträglichen Schmerzen loszuwerden. Schmerzen, die unvorstellbar sein müssen, Fachärzte für Schmerztherapie sprechen im Endstadium mancher Krankheit vom sogenannten "Vernichtungsschmerz“. Auch in einer solchen Situation sollten wir versuchen, ihre Wünsche ernst zu nehmen und zu respektieren. Kinder in einer solchen Situation ernst zu nehmen, kann aber nicht bedeuten, genau das zu machen, was sie sagen und als Wunsch äußern. Ich kann nicht jedem Wunsch zustimmen. Das würde ich ja auch bei gesunden Kindern nicht machen.

Kein Parlament sollte über ein Gesetzgebungsverfahren die "Erlaubnis“ zur aktiven Sterbehilfe geben. Parlamente sollten die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen schaffen, dass kein Mensch alleine oder schlecht versorgt sterben muss, und erst recht kein Kind! Bevor wir uns aber über eine – aus meiner Sicht falsche – Entscheidung in Belgien empören, müssen wir eine ausreichend finanzierte Schmerzmedizin in Deutschland sicherstellen und die Bedingungen für eine menschenwürdige Sterbebegleitung verbessern.

Der Gastbeitrag von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki für die Berliner Zeitung "B.Z." ist am Donnerstag erschienen.


Quelle:
KNA