Karnevalsvereine beklagen komplizierte Auflagen

Scharfe Sicherheitsvorkehrungen am Rosenmontag

Die gewachsene Terrorgefahr wirkt sich auch auf den Straßenkarneval aus: Die Sicherheitsvorkehrungen sind enorm. Manche Karnevalsvereine sehen sich durch die Auflagen gerade am Höhepunkt der Session überfordert.

Autor/in:
Karsten Packeiser und Gabriele Fritz
Mehr Sicherheit im Karneval / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Mehr Sicherheit im Karneval / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Wenn kostümierte Narren in diesen Tagen vielerorts fröhlich durch die Straßen ziehen, haben sich vorher überall Polizei, Verwaltungen und Vereinsfunktionäre wochenlang die Köpfe zerbrochen: Lastwagenfahrverbote, mehr Polizei und Videoüberwachung sowie Straßensperren sind häufige die Antworten auf die Lkw-Terrorattacken von Berlin und Nizza.

Bereits seit der Duisburger Loveparade-Katastrophe von 2010, als im Gedränge 21 Besucher ums Leben kamen und Hunderte schwer verletzt wurden, liegt der Fokus auch an den "tollen Tagen" verstärkt auf dem Thema Sicherheit. Unter anderem geht es um Rettungsgassen oder das Vorgehen bei einer Massenpanik.

Dicke Sicherheitskonzepte

Ehrenamtliche in den Karnevalshochburgen stöhnen inzwischen unter immer neuen Behördenauflagen. So ist das Sicherheitskonzept des Mainzer Rosenmontagsumzugs in diesem Jahr 560 Seiten dick, wie Michael Bonewitz berichtet, der Sprecher des Mainzer Carneval-Vereins (MCV): "Für alles, was wir uns vorstellen können, müssen wir uns eine Lösung ausdenken." Inzwischen gebe es in Mainz Handlungsanleitungen für den Fall, dass ein Motivwagen umkippt oder eine Gasflasche in einer Würstchenbude explodiert.

Auch Kleinigkeiten würden bedacht, etwa, dass niemand über herumliegende Kabel stolpern solle, sagt Bonewitz. Die Sicherheitskosten des Vereins hätten sich dadurch seit 2010 verzehnfacht. Dass sich der Mainzer Rosenmontagsumzug wie einst durch die engen Altstadtgassen zwängt, wäre heutzutage absolut undenkbar.

Kleinere Vereine leiden

Vor allem kleinere Vereine leiden unter dieser Entwicklung. "Wir konnten die Auflagen einfach finanziell nicht mehr stemmen", sagt etwa Jens Neuss von der "Großen Karnevals Gesellschaft Gemütlichkeit Heisingen 1882" in Essen. Sein Verein sagte den traditionsreichen Umzug in Essen-Heisingen im vergangenen Jahr ganz ab.

Früher hätten die Karnevalsaktiven noch selbst die Parkverbots- und Umleitungsschilder an den Straßen aufgestellt, sagt Neuss. Plötzlich sollte eine externe Fachfirma die Verkehrssicherung übernehmen. Für 2017 gebe es einen Sponsor, doch wie der Straßenkarneval in den kommenden Jahren finanziert werde, wisse er bisher nicht.

Auch die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte klagt darüber, dass immer häufiger Kosten von den Kommunen auf die Fastnachtsvereine abgeschoben würden, etwa für das Aufstellen von Absperrzäunen. "Wir würden uns wünschen, dass nicht jeder Handgriff in Rechnung gestellt wird", sagt Sprecher, Volker Gegg.

Routinierte Gelassenheit in Köln

In der Karnevalshochburg Köln, in der sich an Rosenmontag über eine Million Jecken am Straßenrand und auf den Tribünen drängen, ist diese Entwicklung kaum spürbar, wie in den Vorjahren herrscht routinierte Gelassenheit. Das Festkomitee, das für die Sicherheit im Zug und entlang des knapp sieben Kilometer langen Zugweges zuständig ist, sieht sich für den Rosenmontagszug gut gerüstet. Zugleiter Christoph Kuckelkorn hebt die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit mit Polizei, Bundespolizei und städtischem Ordnungsamt hervor.

Neu ist in diesem Jahr - wie auch in Dortmund - ein erweitertes Fahrverbot für Lastwagen im Innenstadtbereich, eine Konsequenz der islamistischen Anschläge von Nizza und Berlin. Bereits im vergangenen Jahr wurden in Köln über hundert zusätzliche Kontaktpunkte im Funknetz geschaffen, um das Kommunikationsnetz weiter auszubauen.

Individuelle Sperrungen zur Verkehrsführung und Steuerung von Menschenströmen von der Südstadt bis zur Domumgebung gehören seit Jahren zum Sicherheitskonzept. Nach den massenhaften sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 waren zum "Zoch" des vergangenen Jahres zusätzliche Sicherheitskräfte aus den Reihen der Polizeischüler rekrutiert und eine besondere Anlaufstelle für Fauen eingerichtet worden.


Quelle:
epd