Barcelonas Kardinal Juan Jose Omella hat sich bestürzt über die politische Eskalation in Katalonien geäußert. Er liebe Katalonien und teile den Schmerz und das Leid der Menschen, sagte er in Rom am Rande der Dialogveranstaltung "(Re)thinking Europe" der EU-Bischofskommission COMECE. "Mein Herz weint mit ihnen", so der Erzbischof von Barcelona. Er bitte Gott, "dass er uns hilft, die Konfrontation zu vermeiden und eine friedliche Zukunft zu gestalten". Die Katalanen seien wundervolle Menschen. "Und ich liebe auch Spanien, ich liebe Europa, zu dem wir gehören", betonte Omella.
Der Sprecher der Spanischen Bischofskonferenz, Jose Maria Gil Tamayo, berichtete via Twitter vom "Schmerz" der Bischöfe über die Ereignisse. "Der Respekt vor Rechtsstaatlichkeit und der Verfassung sichert unser friedliches Zusammenleben."
Das katalanische Regionalparlament hatte am Freitag für einen Prozess zur Loslösung von Spanien und zur Gründung eines unabhängigen Staates gestimmt. Die spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy erklärte im Anschluss auf Basis von Artikel 155 der Verfassung die gesamte Regionalregierung für abgesetzt. Darüber hinaus beschloss Madrid die Auflösung des Parlaments in Barcelona und Neuwahlen für den 21. Dezember. Bislang ist unklar, wie die nach Unabhängigkeit strebenden Katalanen reagieren.
Kritik an der EU
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der EU Versagen im Katalonien-Konflikt vorgeworfen. "Statt ihre Erfahrung in Konfliktprävention und ihr ganzes diplomatisches Können einzusetzen, um eine Eskalation der Katalonien-Krise abzuwenden, haben die EU-Staaten einseitig für Spaniens Regierung Partei ergriffen, die auf Zwang und Repression setzt", erklärte am Samstag GfbV-Direktor Ulrich Delius in Göttingen. Für die Eskalation des Streits sei die EU mitverantwortlich, "denn es ist ein Konflikt mit Ansage, der sich durch Aussitzen und Untätigkeit nicht lösen lässt".
Dem Ansehen der EU werde so ein schwerer Schaden zugefügt, meint Delius. "Denn bald werden hässliche Bilder aus Barcelona kommen, die wir aus diktatorisch regierten Ländern kennen." So liefere die EU "Diktatoren in China, Russland und dem Sudan eine Steilvorlage, um zukünftig Kritik aus Europa an Menschenrechtsverletzungen zurückzuweisen".
Bereitschaft zu Zugestandnissen angemahnt
Wer Konflikte beilegen wolle, müsse auch zu Zugeständnissen bereit sein "und dem Streitgegner einen würdevollen Ausweg aus der Krise ermöglichen", betonte Delius. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy habe "diese Grundregel" in den vergangenen Tagen ignoriert und aus "wahltaktischen Überlegungen auf Stärke und eine Eskalation des Konflikts gesetzt". Seinem Land erweise er damit einen "Bärendienst, der Spanien und die EU noch teuer zu stehen kommen könnte".
Die Menschenrechtler erklärten, dass die EU in zahlreichen Konflikten in der Welt zu schlichten versuche. "Doch gerade im eigenen Haus versagt sie und verspielt damit weltweit ihre Glaubwürdigkeit. So schwächt sie auch Bemühungen von Nichtregierungsorganisationen um nachhaltigen Frieden und Demokratisierung", teilte Delius mit.