Katholiken rufen zur Wahl in Berlin auf

"Jede Stimme zählt"

Berlins Landesparlament wird alle fünf Jahre gewählt. Eigentlich. Denn weil es 2021 nicht richtig klappte, müssen die Wählerinnen und Wähler nun schon wieder ran. Karlies Abmeier vom Diözesanrat der Katholiken ruft zur Wahl auf.

Das Rote Rathaus in Berlin (dpa)
Das Rote Rathaus in Berlin / ( dpa )

DOMRADIO.DE: Warum sollen die Berlinerinnen und Berliner heute wählen gehen?

Dr. Karlies Abmeier (Erzbistum Berlin)

Dr. Karlies Abmeier (Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum Berlin): Aus unserer Sicht ist es sehr wichtig, weil jede Stimme zählt. Wir haben bemerkt, dass eine vergleichsweise geringe Wahlbeteiligung sich abzeichnet. Deswegen war es uns wichtig, alle noch einmal aufzufordern, zum Wählen zu gehen. Es wäre sehr schwierig, wenn wir jetzt nicht die Politiker und Politikerinnen mit einer starken Wahlbeteiligung unterstützen würden.

Wiederholungswahl in Berlin

Zweiter Versuch nach einem beispiellosen Desaster: Gut 16 Monate nach der von Pannen und organisatorischen Problemen geprägten Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus hat die Abstimmung an diesem Sonntag begonnen. Etwa 2,4 Millionen Berlinerinnen und Berliner sind aufgerufen, ein neues Landesparlament zu wählen.

Wiederholungswahl in Berlin hat begonnen (dpa)
Wiederholungswahl in Berlin hat begonnen / ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie geben darin einen Tipp, der aus der Bibel kommt, vom Propheten Jeremia: "Suchet der Stadt Bestes, denn wenn es ihr wohl geht, so geht es euch auch wohl." Ist das die Motivation, aus der Bibel heraus, heute zur Wahlurne zu treten?

Abmeier: Ich finde, die Bibel hat da einen sehr guten Tipp und sagt sehr deutlich, was Christen, was religiös gesinnte Menschen tun können und sollen. Es ist wichtig, dass wir uns in die politische Diskussion einbringen mit unseren Auffassungen, die ja sehr stark im Falle der Christen von der christlichen Sozialethik geprägt sind. Auf Grundlage dieser Sozialethik kommen wir zu politischen Entscheidungen, die natürlich sehr, sehr unterschiedlich sind, je nachdem, wie man sich an diesen Kriterien ausrichtet. Aber ganz klar ist: Christen sind aufgerufen, in der Öffentlichkeit Stellung zu nehmen und zu ihren Entscheidungen zu stehen und gegebenenfalls sich natürlich auch zu betätigen. Denken Sie daran, wie viel Caritas und Diakonie im sozialen Raum tun. Das ist ja auch alles christlich motivierte Arbeit, christlich engagiertes Engagement.

DOMRADIO.DE: Weshalb halten Sie es für bedeutsam, dass die katholische Kirche im Wahlkampf präsent ist?

Abmeier: Weil sie ganz bestimmte Kriterien gibt, nachdem man Politik beurteilen kann. Christen sind Teil des politischen Alltags und sie sind Bürger dieser Stadt. Es geht sowohl der Politik als auch den Kirchen um das Wohl dieser Stadt. Es geht uns um die gleichen Menschen und wenn es dieser Stadt gut geht, dann geht es auch den Menschen gut. Und deswegen engagieren wir uns für das Wohl dieser Stadt.

DOMRADIO.DE: Sind Sie nach wie vor der Meinung, die Wahlwiederholung ist in Berlin notwendig und die richtige Entscheidung?

Abmeier: Darüber kann man streiten. Aber der Punkt ist ja, wenn man Fehler macht, dann sind wir fähig, sie zu korrigieren. Ob dieser Aufwand tatsächlich nötig war? Ich glaube, die Einsicht zu sagen, wir machen Fehler und wir geben jedem eine Chance, doch zu wählen, ist richtig. Das Problem war ja damals, dass nicht alle Wählen gehen konnten, dass falsche Wahlzettel da waren. Vor dem Hintergrund finde ich es wichtig, dass man doch gesagt hat, okay, wir wiederholen es und wir korrigieren unsere Fehler mit all den Nachteilen, die das jetzt natürlich auch hat. Nicht zu vergessen den finanziellen Aufwand. Das kann man sehr wohl kritisch sehen, aber ich finde, es ist eine Einsicht in eine Fehleranfälligkeit und man hat dann das korrigiert. Das finde ich schon in Ordnung.

Dr. Karlies Abmeier

"Die Stadt muss einfach schlicht schneller werden. Das wissen wir alle."

DOMRADIO.DE: Welche Hoffnungen liegen seitens der Kirche in dieser Wahl? Welche Perspektive für die Zukunft sehen Sie?

Abmeier: Es ist gut, wenn ein neues Parlament jetzt gewählt wird, das auch schnell seine Arbeit aufnimmt. Damit wir aus diesem Wahlkampfmodus herauskommen, also dass möglichst schnell jetzt ein Senat gebildet wird, der dann auch wieder arbeitsfähig ist. Wir wissen alle, auch das zeigt der fremde Blick auf Berlin, dass hier vieles getan werden muss. Die Stadt muss einfach schlicht schneller werden. Das wissen wir alle. Wir haben lang genug das Gespött der gesamten Republik für einzelne Dinge ertragen. Wir können uns aber auch selbst auf die Schippe nehmen. Man kann hier auch selbst schon Witze über manches machen, was hier in der Stadt vor sich geht. Aber es bleibt ja völlig unbestritten, dass wir eine funktionierende Stadt brauchen. Das sagen auch alle Parteien. Und ich hoffe, dass - egal wer jetzt drankommt - das möglichst schnell in die Hand nimmt und dass es hier insgesamt schneller und schneller wird.

Das Interview führte Katharina Geiger.

Quelle:
DR