Irische EU-Abgeordnete McGuinness ist neue Finanzkommissarin

Katholische Agrarökonomin mit Verhandlungsgeschick

Nachdem der irische Finanzkommissar Phil Hogan zurücktreten musste, suchte Kommissionschefin Ursula von der Leyen jemand Neues für den Posten. Nun wurde die Irin Mairead McGuinness für das Amt bestätigt.

Autor/in:
Franziska Broich und Sabine Kleyboldt
Europaflagge vor dem Europäischen Parlament in Brüssel / © Symbiot (shutterstock)
Europaflagge vor dem Europäischen Parlament in Brüssel / © Symbiot ( shutterstock )

Bei der Nachfolge von Martin Schulz als EU-Parlamentspräsident 2017 war die Irin Mairead McGuinness (61) leer ausgegangen. Doch dank EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erhält sie den freien Platz in ihrem 26 Köpfe zählenden Kollegium.

Am Mittwoch bestätigte das Europäische Parlament die Ernennung von Mairead McGuinness als EU-Kommissarin für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmärkte. Der irische Finanzkommissar Phil Hogan musste Ende August zurücktreten, weil er wegen Verstößen gegen die Corona-Auflagen in seiner Heimat in die Kritik geraten war.

Ebenso stimmten die Abgeordneten dafür, Exekutiv-Vizepräsident Valdis Dombrovskis zum Handelskommissar zu machen. Beide Kandidaten mussten sich am 2. Oktober im Parlament dreistündigen Anhörungen zu ihren Kompetenzen in Bezug auf ihr jeweiliges Ressort stellen.

Lob von Von der Leyen

"Gut gemacht, Mairead McGuiness, dass Sie das Europäische Parlament überzeugt haben, Sie für das Amt als Kommissarin zu unterstützen!", schrieb von der Leyen am Mittwoch auf Twitter. "Ich weiß, dass Sie im Bereich der EU-Finanzdienstleistungen an vorderster Front unserer Bemühungen um den Wiederaufbau eine großartige Arbeit leisten werden. Ihre Erfahrung wird sehr wertvoll sein."

McGuinness wurde 2004 ins EU-Parlament gewählt; seit 2014 ist sie dessen Vizepräsidentin. Die Irin gilt als hart, aber fair. Sie bringt Verhandlungsgeschick und Ehrgeiz mit. "Eine ihrer Stärken ist, Kompromisse zu finden", sagt der irische Vizepräsident der EU-Bischofskommission COMECE, Bischof Noel Treanor, über sie. Im Parlament war sie vor allem im Landwirtschafts- und Umweltausschuss aktiv und beschäftigte sich mit konstitutionellen Fragen.

Auf dem Weg zur Geschlechtergerechtigkeit

Mit ihrer Auswahl kommt von der Leyen ihrem Ziel eines ausgeglichenen Geschlechterverhältnisses in der Kommission näher. Nun gibt es 14 Kommissare und 12 Kommissarinnen - 13 sogar, wenn man von der Leyen mitzählt.

"McGuinness gilt als Vorbild in ihrer Generation, und sie hat viele inspiriert", sagt Bischof Treanor. Die Irin wuchs mit vier Schwestern und drei Brüdern in einem katholischen Elternhaus im County Louth nahe der Grenze zu Nordirland auf. Sie studierte Agrarökonomie am University College Dublin und war 1980 die erste weibliche Absolventin; anschließend studierte sie noch Buchhaltung und Finanzwesen. Von 1980 bis 2004 arbeitete sie als Journalistin für verschiedene Radiosender und Zeitungen.

Große Dialogfähigkeit

Dass sie in der Lage ist, auch schwierige Dialoge zu führen und Menschen aus verschiedenen Bereichen zusammenzuführen, stellte sie oft unter Beweis. Viele Interviews habe sie zu den Brexit-Verhandlungen gegeben, erzählt Treanor. "Sie ist besonders gut darin, den Dialog auch mit Menschen zu führen, die einen anderen Standpunkt als sie einnehmen", sagt er.

Das half ihr auch als Vizepräsidentin im EU-Parlament. Dort ist sie seit 2017 für den Dialog mit den Religionsgemeinschaften zuständig. Sie moderierte Paneldiskussionen mit Muslimen, Juden, Katholiken und Atheisten. Es ging um Radikalisierung, künstliche Intelligenz und den ökologischen Wandel. Die Religionsvertreter wollten mehr als ein halbjährliches Treffen, sondern stärker einbezogen werden. McGuinness nahm die Forderung ernst. Sie wollte den Dialog mit ihnen so verändern, dass Kirchen und Religionsgemeinschaften strukturierter in Gesetzgebungsprozesse eingebunden werden.

Religion hat einen festen Platz im Leben von McGuinness. "Meine Mutter hatte einen großen inneren Glauben; den habe ich von ihr geerbt", sagte McGuinness 2017 im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Sie gehe immer noch regelmäßig zur Messe. Als sie mit 17 Jahren zu Hause auszog, um in Dublin zu studieren, habe sie sich sehr auf ihren Glauben verlassen. "Ich war noch sehr jung an der Universität, und so fand ich Halt in der Kirche des University College", so die Politikerin. Auch als sie ihr erstes Kind erwartete und erfuhr, dass es Zwillinge werden, habe ihr Glaube ihr geholfen. Und jetzt übernimmt die toughe Irin das Finanzportfolio in der EU-Kommission.


Mairead McGuinness / © Nicolas Armer (dpa)
Mairead McGuinness / © Nicolas Armer ( dpa )
Quelle:
KNA