DOMRADIO.DE: Der deutsche Bundeselternrat empfiehlt, dass Schulen eine Kleiderordnung festlegen sollten. Wie stehen Sie als Katholische Elternschaft Deutschlands dazu?
Marie-Theres Kastner (Bundesvorsitzende der Katholischen Elternschaft Deutschlands): Das Thema wird seit Jahrhunderten diskutiert. Ich verstehe es nicht, weil wir in der Schule so viele andere Probleme als die Kleidung der Jungen und Mädchen und vielleicht auch der Lehrer haben.
DOMRADIO.DE: Es heißt, dass dadurch die Chance bestünde, eine gewisse Einheitlichkeit herzustellen, denn teilweise sei die Kleidung zu zerrissen, zu aufreizend oder zu schlampig. Wäre das nicht ein Ansatz?
Kastner: Wir kennen die Schulkleidung aus England. Wir wissen, dass dort viele Eltern darüber stöhnen, dass sie sehr teuer ist. Das ist also ein Punkt, der an den Geldbeutel der Eltern geht. Das sollte man schon sehr gründlich diskutieren, wenn es Schulen gibt, die das wollen.
Wenn sich Eltern, Schüler und Lehrer einigen, dann können sie das von mir aus machen. Aber das bundesweit zu verordnen, halte ich für sehr kontraproduktiv. Mir wäre es lieber, die Eltern könnten das Geld dafür verwenden, um Laptops oder Bücher zu kaufen, als dass sie genötigt würden, bestimmte Kleidung zu kaufen.
DOMRADIO.DE: Sie haben gerade den sozialen Aspekt angesprochen. Es ist aber durchaus so, dass bei Jugendlichen ein gewisser Druck besteht, gewisse Kleidung zu tragen. Wäre eine Vereinheitlichung nicht doch sozial gerechter, weil zum Beispiel teure Markenklamotten gar nicht mehr an Schulen tragbar wären?
Kastner: Das weiß ich nicht. Das habe ich schon diskutiert, als meine Kinder zur Schule gegangen sind. Ich glaube, wenn Eltern vernünftig mit ihren Kindern reden, dann ist das alles machbar. Ich glaube auch nicht, dass es daran liegt, dass die einen ganz teure und die anderen ganz zerrissene Kleidung tragen. Zerrissene Kleidung ist ja manchmal teurer als die normale Kleidung. Das muss man dazu sagen, weil das ja auch einer Mode unterworfen ist.
Ich finde, man sollte die Kirche im Dorf lassen, sich auf das konzentrieren, was im Moment die Schule wirklich leisten muss. Und da sind so viele Defizite. Wir reden überall über Bildung und die Notwendigkeit, dass alle Kinder die gleiche Bildung kriegen. Mir wäre es lieber, es würden Sprachkurse gemacht, es würden von den Schulen Förderkurse angeboten, als dass wir uns über Kleidung unterhalten.
DOMRADIO.DE: Was empfehlen Sie denn den Schulen, wo die Kleidung vielleicht ein drängendes Problem ist?
Kastner: Mein Mann war früher Lehrer. Es hat auch damals Kinder gegeben, die in gewisser Kleidung in die Schule kamen. Aber man hat sich durchaus die Freiheit genommen, mit den Kindern darüber zu reden. Ich glaube, das ist auch eine Pädagogik, dass Eltern, Lehrer und Schüler gemeinsam zu gewissen Resultaten kommen.
In Frankreich entsteht diese generelle Verordnung ja aus einem ganz anderen Grund. Da geht es nicht darum, dass zerrissene Kleidung getragen wird, sondern da geht es darum, dass Kleidung auch einen religiösen Hintergrund hat und dass damit eine Vereinheitlichung erfolgen soll.
Das ist etwas ganz anderes als das, was hier seitens des Bundeselternrates gefordert wird. Darüber kann man reden, man kann auch mit den Schülern reden und man kann auch mit den Eltern reden und Übereinkommen treffen.
Wenn es also an einer Schule gewünscht ist, dass es eine Schuluniform gibt oder dass es bestimmte Kleidung gibt, dann kann man das natürlich zum Thema machen. Das ist jeder Schule freigestellt. Aber Verordnungen würde ich generell ablehnen und sagen, dass es da Wichtigeres gibt.
Das Interview führte Mathias Peter.