Katholische Internetseelsorge hat sich neu aufgestellt

Ehrenamtliche Beratung auf digitalem Weg

Als die Ex-Bundeskanzlerin 2013 sagte, das Internet sei Neuland, gab es schon ein Jahr lang das Angebot von internetseelsorge.de. Jüngst wurde das bistumsübergreifende Portal umfassend modernisiert, berichtet Mitarbeiter Björn Siller.

Autor/in:
Carsten Döpp
Symbolbild Rosenkranz auf einer Tastatur / © Tamisclao (shutterstock)
Symbolbild Rosenkranz auf einer Tastatur / © Tamisclao ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Als Angela Merkel vor elf Jahren vom "Neuland Internet" sprach, gab es schon Ihr Angebot von internetseelsorge.de. Aber grundsätzlich gab es noch deutlich früher Seelsorge im Internet, oder? 

Björn Siller (ebfr)
Björn Siller / ( ebfr )

Björn Siller (Referent für Pastoral im Internet des Erzbistums Freiburg): Ja, der Satz der Kanzlerin hat auch bei uns damals ein Schmunzeln hervorgerufen. Denn Internetseelsorge ist zumindest in manchen Bistümern in Deutschland wie Münster, Freiburg und Würzburg schon etwas, was es seit 26 Jahren gibt. Und vor zwölf, 13 Jahren gab es den Zusammenschluss über die KAMP, die Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pastoral in Erfurt sowie die Bündelung auf dieser Plattform. 

Björn Siller

"Sie können auch Termine für Chats buchen."

DOMRADIO.DE: Auf der Plattform internetseelsorge.de haben Sie jetzt ein paar Verschönerungsarbeiten beendet. Es gibt ein neues Design, die Bedienung ist einfacher geworden. Was bietet denn internetseelsorge.de überhaupt an?

Siller: Mit internetseelsorge.de versuchen wir Seelsorge im digitalen Raum anzubieten. Das läuft in erster Linie über Mail-Seelsorge, aber auch seit einigen Jahren explizit über Chat-Seelsorge. Es ist also nicht nur so, dass die Ratsuchenden eine Mail an uns schreiben können, sondern sie können auch Termine für Chats buchen. 

DOMRADIO.DE: Was hat sich jetzt genau verändert? Was macht das Angebot noch besser? 

Siller: Es sind in der Tat Verschönerungsarbeiten, aber die sind nicht einfach nur "nice to have", sondern auch notwendig. Ein Relaunch nach zwölf Jahren bedeutet aber auch, einen neuen Blick auf die Barrierefreiheit zu richten. Wie muss zum Beispiel die Farbe gestaltet sein, damit Menschen sie besser wahrnehmen? Wir haben unter diesen Kriterien Schrift, Informationen und Texte geändert. 

Wir haben auch ganz stark im Hintergrund die Technik überarbeiten lassen. Die Beratungsplattform ist jetzt noch sicherer geworden. Wir bieten ja anonyme Seelsorge an und hoffen, die Bedienung erleichtert zu haben. 

DOMRADIO.DE: Haben Sie auch inhaltlich etwas verändert oder ergänzt? 

Siller: Ja, wir haben schon im Laufe des Jahres eine Kollegin für die digitale geistliche Begleitung für Jugendliche gewinnen können. Sie hat vorher den Kurs beim Zentrum für Berufungspastoral absolviert, den es bei uns seit einiger Zeit gibt. 

Wir haben für die geistliche Begleitung - wo es gewünscht ist - ein Video-Tool für diese Form der Beratung geschaffen. Auch das ist datenschutzkonform und sicher. 

Und wir haben in diesem Jahr zum ersten Mal bundesweit zusammen mit dem TPI (Theologisch-Pastorales Institut, Am. d. Red.) in Mainz auch eine Weiterbildung für 16 Seelsorgende angeboten. Also auch da gibt es auf verschiedenen Ebenen mehr Angebot, aber auch mehr Qualität und Steigerung. 

DOMRADIO.DE: Wie groß ist die Nachfrage nach Internetseelsorge? Was stellen Sie da fest? 

Siller: Die Nachfrage ist grundsätzlich recht groß, wobei wir auch immer jahreszeitliche Schwankungen haben. 

Björn Siller

"Es kommen immer mehr die existenziellen Fragen."

Neun Bistümer arbeiten diesbezüglich zusammen. 45 Kolleginnen und Kollegen bieten die Seelsorge ehrenamtlich neben der Arbeitszeit an. Laut aktuellen Zahlen gibt es im Moment gerade 237 aktiv Ratsuchende, denen wir schreiben. Bei diesen 237 Ratsuchenden kamen etwas mehr als 2.000 E-Mails zusammen. 

DOMRADIO.DE: Sind die Gespräche in der dunklen Jahreszeit intensiver? 

Siller: Die Nachfrage steigt in der dunklen Zeit in Herbst und Winter, gerade im Chat-Bereich. Deshalb bieten wir da mehr Termine an. 

Es kommen immer mehr die existenziellen Fragen der Einsamkeit des Singlelebens auf. Aber das ist ja etwas, um das wir uns schon seit Jahren sorgen. Immer mehr sind alleine, leben in Singlehaushalten und suchen das Gespräch. 

DOMRADIO.DE: Wie schwierig ist es eigentlich, Menschen per Chat oder E-Mail zu helfen? Es fehlt ja der direkte, persönliche Kontakt. Was können Sie den Menschen als Seelsorger online mit auf den Weg geben? 

Siller: Es ist erst mal genauso schwierig, im digitalen Raum ins Gespräch zu kommen wie im sogenannten analogen Raum. Da besteht heutzutage die gleiche Schwierigkeit, in den persönlichen Kontakt zu kommen. Das kann jeder bei sich im Freundeskreis beobachten. 

Wir leben ja alle mit Messenger-Diensten und ähnlichem. Mein Freundeskreis ist durch die ganze Welt verstreut, daher sind wir persönlich über digitale Medien im Kontakt. Im digitalen Raum muss man sich halt daran gewöhnen zu schreiben, was für viele aber trotzdem eine schöne Erfahrung ist, wenn sie sich wirklich alles von der Seele schreiben können, ohne dass gegenüber jemand sitzt, von dem sie die Erwartung haben, dass er irgendwie durch Mimik oder Gestik reagiert. 

Die Startseite von internetseelsorge.de (ebfr)
Die Startseite von internetseelsorge.de / ( ebfr )

Wir glauben und wir erfahren auch mit Kollegen aus anderen Bereichen, dass eine persönliche Kontaktmöglichkeit sehr schnell da ist, dass wir schnell auf aktuelle und wichtige Themen kommen. 

Die einzige Schwierigkeit - und da sind wir wieder bei Angela Merkel - besteht darin, dass wir in manchem Rahmen immer noch im Neuland unterwegs sind. Denn eines der großen Probleme in Deutschland ist, dass unsere Infrastruktur und das Vermögensgefälle und die Situation der Armut dazu führen, dass viele alte Handys haben, kein Geld für WLAN haben und solche Angebote nur bedingt nutzen können.

DOMRADIO.DE: Wohin wird sich die Internetseelsorge in Zukunft weiterentwickeln? 

Siller: Keine Ahnung. Das kann ich nicht sagen, aber ich kann mir vieles wünschen. 

Ich wünsche mir, dass wir in unserer Kirche verstehen, dass die Internetseelsorge ein Angebot ist, das identisch mit anderen Seelsorgeangeboten ist. Es findet nur in einem anderen Gesprächsraum statt. Ich wünsche mir, dass wir es alle ganz normal und im Alltag nutzen.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pastoral (KAMP)

Die Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz hat die Aufgabe, die pastoralen Transformationsprozesse der (Erz-)Bistümer in Deutschland zu unterstützen. Sie beobachtet Entwicklungen und Veränderungsprozesse in den Bistümern und die Forschung in einschlägigen Bezugswissenschaften. Sie reflektiert und analysiert ihre Beobachtungen im Licht der Theologie, der Sozial- und Religionswissenschaften und erarbeitet in evaluativer Weise Deutungskriterien.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR