domradio.de: Viele Kitas in Köln bleiben heute dicht. Ihre Kollegen im öffentlichen Dienst legen die Arbeit nieder. Haben Sie dafür Verständnis?
Petra Schneider (Leiterin der Kinder-Tagesstätte St. Agnes in der Kölner Innenstadt): Ja, ich habe sehr viel Verständnis. Sie streiken ja auch für uns mit. Das ist natürlich auch für uns eine gute Sache, dass sie sich bemerkbar machen.
domradio.de: Die Erzieher sagen, der Job ist sehr verantwortungsvoll und auch sehr stressig, aber wir bekommen dafür viel zu wenig Geld. Wie sieht denn der Alltag in einer Kita tatsächlich aus? Schneider: Der Alltag wird immer anstrengender, weil die Kinder heutzutage den ganzen Tag in der Kita sind. Sie kommen morgens um halb 8 und bleiben bis halb 5 durchgehend da und da kommen natürlich sehr viele Anforderungen auf die Erzieher zu, das ist eine ganze Menge.
domradio.de: Das heißt, die Eltern haben hohe Erwartungen an die Erzieherinnen?
Schneider: Genau, die werden immer mehr, weil die Eltern natürlich selbst meistens den ganzen Tag arbeiten. Sie wünschen sich schon so ein Paket, dass das Kind wirklich abgegeben wird morgens und die ganze Sauberkeitserziehung, das Mittagessen, die ganze Vorbereitung auf die Schule und auf das ganze Leben findet mittlerweile fast ausschließlich in der Kita statt und weniger zu Hause, so wie es früher war.
"Nicht nur Basteln und Singen"
domradio.de: Würden Sie auch streiken, wenn Sie könnten?
Schneider: Wir würden das auch machen. Das ist ein komisches Gefühl, dass sie für uns mitstreiken und wir eigentlich gar nicht so viel tun können, außer natürlich, dass wir auch die Eltern informieren und uns solidarisch zeigen, das machen wir natürlich. Aber das ist ein komisches Gefühl, dass sie im Grunde genommen für uns auf die Straße gehen und wir nachher auch davon profitieren.
domradio.de: Haben Sie eine Möglichkeit Ihre Solidarität auch zum Ausdruck zu bringen?
Schneider: Sehr viel durch Gespräche mit Eltern, das ist ja auch das Gute an diesem Streik, dass wirklich über dieses Berufsbild der Erzieher mehr gesprochen wird. Wir haben auch ein Schild rausgehängt, dass wir uns mit den Kollegen solidarisch erklären.
domradio.de: Die Städte sagen, für Notfallbetreuung ist gesorgt. Trotzdem trifft der Streik viele Eltern hart. Was muss denn passieren, braucht´s vorallem mehr Geld? Mehr Personal? Mehr Respekt?
Schneider: Alles! Personal auf jeden Fall, weil gerade durch diese U3-Kinder kommen natürlich durch die ganzen pflegerischen Arbeiten sehr viel Mehrbelastungen auf einen zu. Deshalb wäre mehr Personal eine ganz tolle Sache, dass einfach in den Gruppen nicht zwei Erzieher, sondern drei oder zweieinhalb wenigstens da sind. Mehr Geld ist auch angebracht und einfach dieser Respekt, dass man auch wirklich sieht, was für eine Arbeit in diesem Beruf geleistet wird. Dass es eben nicht nur Basteln und Singen ist, was man sich früher so vorgestellt hat unter diesem Erzieherberuf.
Das Interview führte Hilde Regeniter.