DOMRADIO.DE: Sie sind vor Ort und haben alles mit aufgebaut. Wie ist die Stimmung in Leipzig?
Konrad Höß (Projektleiter beim katholischen Medienverband): Die Stimmung war zuletzt noch etwas bange. Wie wird es sein nach drei Jahren Pause? Hat uns keiner vermisst und stehen wir hier vor leeren Hallen? Oder hat jeder die Buchmesse vermisst und können wir uns vor Besuchern nicht retten?
Nun haben die Tore für die Besucher geöffnet, und es ist wunderbar. Der Stand ist schon voll. Es tobt hier der Bär.
DOMRADIO.DE: Wie groß ist das Angebot von christlichen Verlagen in diesem Jahr?
Höß: Das Angebot ist so wie vor der Pandemie. Anders als in Frankfurt, wo in den letzten beiden Jahren doch deutlich weniger Verlage ausgestellt haben.
Aber hier in Leipzig sind wir in etwa von der Größenordnung gleich geblieben. Es sind wieder die typischen katholischen und evangelischen Verlage dabei: Das Katholische Bibelwerk, der Echter Verlag, die Verlagsgruppe Patmos, die Evangelische Bibelgesellschaft und noch viele mehr. Es sind etwa 25 Verlage am Start.
DOMRADIO.DE: Es heißt, dass der religiöse Buchmarkt in Zeiten von Kirchenaustritten und Missbrauchskrise etwas eingebrochen ist. Spüren Sie das?
Höß: Auf der Buchmesse hier in Leipzig spüren wir das nicht. Aber in Frankfurt merkte man schon einen deutlichen Rückgang. In der Tat ist es so, dass wir spüren, dass unsere Verlage durch kirchliche Verwerfungen, durch die Kirchenaustritte, auch durch die aktuelle Lage im Zuge der Corona-Pandemie und die wirtschaftlich schwierige Situation durch den Ukraine-Krieg deutlich ins Rudern kommen.
Wir gucken mit banger Sorge drauf, ob das alle überleben werden. Wir hoffen es natürlich und wir tun als Verband auch möglichst viel dafür, damit die Verlage wieder Boden gewinnen. Aber es ist nicht ganz einfach. Das darf man wohl sagen.
DOMRADIO.DE: Wer schafft es trotzdem noch in diesen Zeiten über die Ladentheke? Sind das spirituelle Bestsellerautoren wie Anselm Grün? Oder sind das Bücher, die sich mit dem Missbrauch beschäftigen? Oder Sachbücher?
Höß: Sowohl, als auch. Die "breite Masse", das sage ich mal in Anführungszeichen, sind tatsächlich die bekannten Autorinnen und Autoren. Anselm Grün haben sie schon genannt. Margot Käßmann im evangelischen Bereich ist immer noch ein Name. Oder Samuel Koch, der verunglückte Wettkandidat von "Wetten, dass...", der sich als evangelischer Christ bekennt, ist zu nennen. Das sind natürlich die Zugpferde. Auch Spiritualität ist nach wie vor gefragt.
Die Auseinandersetzung mit dem Missbrauchsskandal ist eher ein kleines Segment, was sehr interessierte Christinnen und Christen oder sehr kritische Zeitgenossen von außerhalb der Kirchen interessiert.
DOMRADIO.DE: Ist es vielleicht sogar besser für die christliche Literatur, wenn sie sich mehr unter die "normalen" Bücher mischt?
Höß: Teils, teils. Wir wollen zum einen den Öffnungsbereich bedienen. Da ist es tatsächlich besser, wenn man unter den säkularen Verlagen steht. Denn viele Besucher suchen gezielt einen ihnen bekannten, weltlichen Verlag auf.
Dort finden sie dann vielleicht auch Bücher mit christlichen Inhalten, die sie interessieren. Da kommen wir besser an, wenn wir im säkularen Bereich stehen.
Gleichwohl gibt es auch Christinnen und Christen, die sich ihrer Kirche noch verbunden fühlen. Die suchen gezielt an unserem Stand, wenn wir im religiösen Segment stehen. Die müssen wir auch abholen.
Das Interview führte Elena Hong.