KNA: Herr Güzelmansur, am Freitag ist der "al-Quds-Tag" - was bedeutet dieser Tag in der muslimischen Welt?
Güzelmansur: Der "al-Quds-Tag" ist eine Tradition, die aus dem Iran stammt und auch "Jerusalem-Tag" heißt. Im Iran ist dieser Tag ein gesetzlicher Feiertag. Damit kann man eine erste Einschränkung machen, denn nicht in der ganzen muslimischen Welt wird dieser Tag "gefeiert", sondern er ist schiitisch-islamischer Natur.
KNA: Welche Ziele verfolgt der Iran damit?
Güzelmansur: In der Regel wird dieser Tag jedes Jahr dazu genutzt, um mit staatlicher Hilfe in der Islamischen Republik Iran gegen Israel zu demonstrieren. Nicht jedes islamische oder islamisch geprägte Land kennt diesen Feiertag oder Gedenktag. Dieser antiisraelische Demonstrationstag wurde in den letzten Jahren allerdings auch in Deutschland begangen. Es kam dabei wiederholt zu antijüdischen Parolen. Dieser Tag hat klare antisemitische Tendenzen.
KNA: Schon in den vergangenen Tagen waren auf Demonstrationen antijüdische Parolen zu hören. Inwiefern ist ein solches Gedankengut gerade in arabischstämmigen Kreisen verbreitet?
Güzelmansur: Antiisraelisches, aber auch antijüdisches Gedankengut ist nicht nur unter arabischstämmigen Menschen anzutreffen, sondern ebenso bei türkisch- oder deutschstämmigen Menschen. Da aber unter den arabischstämmigen Muslimen eine starke Solidarität mit den Palästinensern vorhanden ist, vor allem in diesen Tagen, in denen die Gewalt auf beiden Seiten eskaliert, wird kaum zwischen dem Staat Israel und seiner Politik einerseits und dem jüdischen Glauben andererseits differenziert. Das ist mit ein Grund, weshalb solche Parolen aktuell häufiger zu hören sind.
KNA: Sehen Sie Chance, mit jungen Muslime, die solche Parolen verbreiten, ins Gespräch zu kommen?
Güzelmansur: Bildung und Aufklärung sind die besten Methoden. Aber in dieser auswegslos scheinenden und verfahrenen politischen Situation im Heiligen Land sind die Chancen gering, solche Jugendliche zu erreichen. Wenn die Ressentiments jedoch religiös begründet werden, dann bekommen die muslimischen Religions- und Organisationsvertreter eine besondere präventive Rolle.
Das Interview führte Joachim Heinz.