Bei der Schießerei in München mit insgesamt zehn Toten und 27 Verletzten am Freitagabend hat es sich nach Überzeugung der Münchner Staatsanwaltschaft um einen Amoklauf gehandelt. Eine politische Motivation für die Tat sei nicht zu erkennen, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch am Samstag in München. Gesicherte Hinweise, dass der 18-jährige Täter sich wegen Depressionen in psychiatrischer Behandlung befunden habe, würde es nicht geben.
Der Chef des bayerischen Landeskriminalamts, Robert Heimberger, berichtete, in der Wohnung des Täters sei Literatur über Amokläufe gefunden worden. Bei dem Deutsch-Iraner habe man eine vermutlich illegal beschaffte 9-Millimeter-Pistole gefunden, deren Seriennummer ausgefeilt worden sei. Außerdem hatte er 300 Schuss Munition bei sich. Der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä sagte, dass es sich um einen Einzeltäter gehandelt habe. Am Freitagabend wurde zeitweise nach drei möglichen Tätern mit Gewehren gefahndet. Bei der Straftat bestehe kein Bezug zum Thema Flüchtlinge. Die Sicherheitslage in München gebe heute keine Veranlassung mehr, die Stadt nicht zu besuchen.
Großeinsatz der Polizei
Am Abend und in der Nacht waren etwa 2300 Sicherheitskräfte sind im Einsatz. Busse und Bahnen hatten den Betrieb eingestellt. München war im Ausnahmezustand. Am Freitagabend wurde zeitweise nach drei möglichen Tätern mit Gewehren gefahndet. Über Stunden blieb unklar: Wieviele Täter gibt es und wo sind sie? Die Entwarnung kam erst in der Nacht: Die Polizei ging nach Mitternacht davon aus, dass der mutmaßliche Schütze, ein 18-jähriger Deutsch-Iraner, allein gehandelt habe. Er hatte sich selbst getötet.
Der öffentliche Nahverkehr - U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen - wurde in der Stadt für mehrere Stunden komplett eingestellt, auch der Zugverkehr stand still. Der Münchner Hauptbahnhof wurde evakuiert, Ärzte und Schwestern wurden in die Krankenhäuser gerufen. Restaurants in der Innenstadt schlossen aus Sicherheitsgründen.
Weite Anteilnahme
Altpapst Benedikt XVI. trauert um die Opfer der Gewalttat von München. Der emeritierte Papst bete für "die unschuldigen Opfer und drückt den Angehörigen sein Beileid und seine Nähe aus", zitieren italienische Medien am Samstag Erzbischof Georg Gänswein, den Privatsekretär von Benedikt XVI.
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte am Samstag zum Anschlag in München: „Im Namen aller Kölnerinnen und Kölnern spreche ich den Opfern dieser verabscheuungswürdigen Tat und ihren Angehörigen und Freunden unser tiefempfundenes Beileid aus. Unsere Gedanken gehen auch an die Menschen der Stadt München, die noch unter Schock stehen und hoffen, dass sie dieses Trauma so gut es geht überwinden können.“
Auch die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler hat den Angehörigen der Opfer des Anschlags im Olympia-Einkaufszentrum ihr Mitgefühl ausgesprochen. "Wir können uns in einem solch schrecklichen Verlust nur gegenseitig stützen und trösten - in dem Vertrauen, dass der, der getötet wurde, bei Gott geborgen ist", sagte die Theologin am Samstag dem Evangelischen Pressedienst.
Um solchen sinnlosen Taten vorzubeugen, "sollten wir miteinander wieder mehr eine Gemeinschaft pflegen, die sich weniger auf Oberflächlichkeiten, sondern mehr auf die Tiefe und den Sinn des Daseins konzentriert", erklärte die ständige Vertreterin des bayerischen Landesbischofs. Mit Blick auf den Täter forderte Breit-Keßler ein intensives Nachdenken darüber, "warum ein junger Mensch, dem die Welt offensteht und der sein ganzes Leben noch vor sich hat, dieses Leben und das anderer mutwillig zerstört".
"Da hilft nur noch beten"
Weihbischof Matthias Heinrich gab am Samstag bei Radio berlin 88.8 zu Bedenken, dass ihm die Nachrichten "Angst machen, denn niemand kann mir garantieren, dass sich so etwas nicht erneut wiederholen kann. Ich bin verunsichert und ratlos. Dass es sich offenbar um einen Einzeltäter handelt, kann kaum Trost sein." Dennoch dürfe Angst kien Ratgeber sein. Er sei überzeugt von der Kraft des Gebetes - gerade in Notsituationen. "In mein Beten kann ich alles mit hinein nehmen: meine Angst, meine Wut, aber auch meine Hoffnung. Beten ist Ausdruck der Solidarität, Ausdruck des Füreinander und Miteinander, wo Aktivismus nichts bringt."
Weihbischof Heinrich lobte, dass Menschen nach ihren Nachbarn, Freunden und Verwandten gesucht haben oder Fremde aufgenommen haben. und sich versichert, wie es ihnen geht und wo sie sind. Diese Solidarität verdänge die Angst, das Bangen, aber auch die Wut und Empörung mehr und mehr, die dann überlagert würden von dem Motto "Pray for Munich", "wir beten für München".
Bedford-Strohm warnt vor Hysterie und Rachgefühlen
Auch der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat den Angehörigen der Opfer der Münchner Todesschüsse sein Mitgefühl bekundet. "Ich bin in Gedanken und im Gebet bei ihren Angehörigen, die nicht fassen können, dass sie einen ihrer liebsten Menschen verloren haben", erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Samstag in München. Er bete für eine Genesung der Verletzten und dafür, "dass sich unter uns nicht Angst ausbreitet, sondern die Zuversicht wieder Fuß fassen kann".
Zugleich sei er dankbar für die Erfahrung, dass gerade in einer solchen Situation der Trauer und des Erschreckens alle zusammenstünden, sagte der Landesbischof. Die Menschen in München hätten während der Stunden der Unsicherheit ihre Häuser geöffnet, um Passanten Schutz zu geben. Bedford-Strohm rief zur Besonnenheit auf: "Wir werden niemandem den Triumph gönnen, dass sich Angst, Hysterie oder Rachegefühle ausbreiten", schrieb er am Samstag auf seiner Facebook-Seite. Nach eigenen Angaben saß er zur Tatzeit aus Sicherheitsgründen in seinem Büro in der Münchner Innenstadt fest. In dieser Zeit habe er Anteilnahme aus aller Welt bekommen. Der Bischof lobte, dass Menschen in München ihre Häuser öffneten, um Passanten Schutz zu geben. Das Engagement und die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei erfüllten ihn mit Dankbarkeit.
Zentralrat der Muslime und US-Bischöfe
Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat sich erschüttert und schockiert über die Bluttat von München gezeigt. Man trauere mit den Hinterbliebenen der neun Getöteten und bete, dass die Verletzten schnellstmöglich genesen, erklärte der Zentralrats-Vorsitzende Aiman Mazyek laut einer am Samstag in Köln veröffentlichten Mitteilung.
Die US-Bischöfe beten für die Opfer des Gewaltakts von München. "Unsere Herzen sind bei den Münchnern", sagte Erzbischof Joseph Kurtz, Vorsitzender der katholischen US-Bischofskonferenz am Samstag. "Lasst uns Kraft schöpfen aus dem Mut der Opfer und der Ersthelfer vor Ort, sodass wir unseren Weg des Friedens fortsetzen können - ohne Gewalt und ohne das, was uns zu spalten droht."