Kein Gesetzentwurf zu Sterbehilfe - Kirchenstimmen bei domradio.de

Ablehnung aus Überzeugung und Tradition

Der Bundesrat hat gewerbliche Beihilfe zur Selbsttötung verurteilt und sich für eine gesetzliche Verbotsregelung noch in diesem Jahr ausgesprochen. "Einer 'Kommerzialisierung des Sterbens' muss unter allen Umständen Einhalt geboten werden", heißt es in einem am Freitag mit Mehrheit beschlossenen Entschließungsantrag. Auch die Katholische Kirche bezieht eindeutig Stellung - seit Beginn der Debatte und aus jahrhundertealter Überzeugung.

 (DR)

Papst Benedikt XVI. hat sich seit seinem Amtsantritt wiederholt gegen jede Form aktiver Sterbehilfe ausgesprochen. Seine Position begründete er zuletzt damit, dass sie der "jahrhundertelangen Lehre der katholischen Kirche" entspreche. Außerdem warnte er vor einem "utilitaristischen Menschenbild". Eine solche Sicht setze besonders Alte und sozial
Schwache unter einen "Euthanasie-Druck". Schon jetzt drohten in einer von der Dynamik der Produktivität und von Wirtschaftszwängen bestimmten Gesellschaft labile Personen und arme Familien überrannt zu werden.

Der Papst fordert für jeden Menschen den Anspruch auf angemessene medizinische Leistungen zum Erhalt des Lebens ein. Daneben gebe es im Bereich des medizinisch Machbaren außerordentliche Therapien, die moralisch erlaubt, aber für keine Seite verpflichtend seien. Besonders bei schweren und langen Erkrankungen müsse es auch Hilfen für die Familienangehörigen des Patienten geben.

Schockenhoff für menschlich anspruchsvolle Sterbebegleitung
Eine "menschlich anspruchsvolle Sterbebegleitung" forderte der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff bei einem Kongress Anfang Juni. Sie müsse jedem Einzelnen das "Recht auf den eigenen Tod" belassen. Im Tod gehe es um die Vollendung des Lebens, die vom Menschen nicht nur passiv erlitten, sondern bewusst angenommen werden müsse

Gefordert sei nicht "manipulierte Selbsttötung", so der katholische Theologe. Vielmehr müssten Ärzte und Angehörige durch palliative Schmerzbekämpfung und menschliche Nähe den Sterbenden in der Annahme des Todes unterstützen.

Bei derselben Veranstaltung äußerte der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker seine "tiefe Sorge" über sogenannte Sterbeagenturen geäußert, "die vom benachbarten Ausland her auch bei uns Fuß zu fassen beginnen". Die Entwicklungen dort ließen befürchten, dass sich auch in Deutschland der gesellschaftliche Konsens über ein Verbot von Sterbehilfe schleichend auflöse

Jaschke und Schöborn
Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke kritisierte im domradio den Injektionsautomaten des früheren Justizsenators Roger Kusch für Sterbewillige scharf nach dessen Vorstellung Ende März. "Das ist ein makabres Spiel mit dem Tod, überdeckt durch edle Worte von Mitleid und juristisch spitzfindig abgesichert. Kusch führe Menschen mit dem "Folterinstrument" auf einen Irrweg.

Auch Kardinal Christoph Schönborn ist ein erklärter Gegner der Sterbehilfe. "Heute versuchen manche, die Euthanasie als Barmherzigkeit hinzustellen", so der Wiener Erzbischof. Es gebe zu denken, dass Befürworter der Sterbehilfe das Töten eines Kranken beschönigen müssten, um es zu verteidigen. Euthanasie sei Mord, auch wenn sie unter dem Mantel der Barmherzigkeit versteckt werde.

Aktuelle Debatte
In der aktuellen Debatte hat der Deutsche Richterbund die Forderungen nach einem Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe als "moralisch begründet, aber leider praxisfern" bewertet. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der Vorsitzende des Richterbundes, Christoph Frank: "Das Ziel, ethisch verwerfliche Geschäfte mit dem Tod zu bekämpfen, ist richtig. Die Politik macht den Menschen aber etwas vor, wenn sie den Eindruck erweckt, das Problem der geschäftsmäßigen Sterbehilfe lasse sich mit dem Strafrecht lösen." Die Parteien erlägen hier erneut der Versuchung, das Strafrecht für allzu einfache Antworten zu missbrauchen.

Beim Präsidenten der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, stößt das Vorhaben aus Berlin auf Zustimmung. Er begründete dies am Freitag im Deutschlandfunk mit der Gefahr eines ethischen Dammbruchs. Die Suizidhilfe von Hamburgs Ex-Justizsenator Roger Kusch bei einer 79-Jährigen sende das Signal, dass in Pflegeheimen betreute Menschen für die Gesellschaft eher eine Bürde seien und nicht mehr leben sollten, anstatt gut versorgt zu werden.