DOMRADIO.DE: Gestern war ZDF-Chefredakteur Peter Frey zu Gast und hat über die Pressefreiheit in Deutschland diskutiert. Wie haben Sie die Veranstaltung erlebt?
Thomas Arnold (Direktor der katholischen Akademie im Bistum Dresden-Meißen): Interessanterweise hat sich ja die Frage erst vor Kurzem in Bautzen gestellt. Wir haben im November das Thema festgesetzt und die Referenten eingeladen, daraufhin hat es in den letzten Wochen und Monaten nochmal eine ganz neue Dynamik bekommen. Bautzen war im Gespräch, weil während eines Gesprächsforums in einer Kirche die Lage eskaliert ist. Die Person, die etwas auf dem Podium vertreten hat, wurde ausgebuht.
Gestern war es ruhiger und sachlicher. Der Bürgermeister von Bautzen hat in seiner Begrüßung ein Spagat zwischen freien und etablierten Medien aufgemacht. Dem hat ZDF-Chefredakteur Peter Frey direkt in seinem Eingangsstatement deutlich widersprochen. Er hat gesagt, natürlich berichten Medien frei, aber das ist auch ihre Aufgabe. Auf der anderen Seite haben sie die Aufgabe sich eben nicht frei etwas auszudenken, sondern frei über Wahrheiten zu berichten.
DOMRADIO.DE: Die Medien haben durchaus auch Fehler gemacht, wenn es um den Umgang mit den Menschen in Ostdeutschland geht, meinte Peter Frey. Was denken Sie dazu?
Arnold: Er hat, glaube ich, die letzten Jahre reflektiert und nochmal deutlich gemacht, dass auch Medien die Aufgabe haben, sehr deutlich wie Luther sagte "dem Volk aufs Maul zu schauen". Also zu gucken, was denken die Leute und was sind ihre Wahrnehmungen. Die Aufgabe ist es natürlich, das dann auch richtig einzuordnen.
Er hat betont, dass Medien heute viel mehr die Aufgabe haben, noch einmal Informationen und Fakten auf Wahrheitsgehalt zu prüfen, sie einzuordnen und dann den Menschen mit großer Verantwortung zur Verfügung zu stellen.
DOMRADIO.DE: Beim "SachsenSofa" geht es grundsätzlich darum, den Menschen zu begegnen, die sich mit Kritik und Befangenheit gegenüber Medien und Gesellschaft zeigen. Welche Zwischenbilanz ziehen Sie - klappt das?
Arnold: Aus meiner Sicht hat es hervorragend geklappt. Wir haben in der Analyse der letzten Monate gesehen, dass wir nicht mit Rechtspopulisten sprechen oder den Umgang mit Rechtspopulisten nochmal relativieren wollen, sondern dass wir das Gespräch mit Menschen und ihre Fragen suchen. Vor allem an Orten, in denen wir sonst als katholische Akademie nicht dauerhaft präsent sind. Das ist in Sachsen der ländliche Raum, der sich irgendwo zwischen Chemnitz, Leipzig und Dresden bewegt.
Zwei Drittel der Menschen in Sachsen leben im ländlichen Raum. Dort haben wir zunächst im letzten Sommer geschaut, was die Themen in dieser Region sind, die den Menschen unter den Nägeln brennen. Es ist kein Forum in dem Sinne, dass jemand kommt, der erzählt, wie es geht – sondern, derjenige der kommt, soll auch etwas mitnehmen. Ich hatte den Eindruck, das ist bei allen so fast tatsächlich gelungen. Die Prominenten sind nach Hause gefahren und haben gesagt, das Thema müssen wir noch mal ganz neu diskutieren.
DOMRADIO.DE: Lassen Sie uns das mal konkret machen, was für ein Thema zum Beispiel?
Arnold: Barbara Hendricks (Umweltministerin bis 2018, Anm. d. Red.) war da, als es um Elektromobilität ging und die Angst der Menschen hinsichtlich der Veränderungen dazu. Gerade im Zwickauer Raum herrscht das vor, weil dort die erste große Industrie von Volkswagen entsteht, die Elektroautos baut. Da ändern sich natürlich Prozesse und es finden Transformationen im Arbeitsleben statt, von denen die Menschen betroffen sein werden. Ich glaube, da hat Frau Hendricks Ideen mitgenommen, die sie auf der einen Seite in die Debatten mit der katholischen Kirche und dem Sozialstaat als solches einpflegen kann, aber sicher auch noch mal in die Bundestagsdebatten. Das ist ein Beispiel.
Ich erinnere mich aber auch an Norbert Lammert (Bundestagspräsident bis 2018, Anm. d. Red.), der in der Nähe von Leipzig war. Er hat über Demokratie diskutiert und gesagt, da müssen wir dranbleiben, genau mit den Menschen müssen wir im Gespräch bleiben.
DOMRADIO.DE: Die AfD hat ihre Veranstaltung kritisiert, genauer gesagt der kirchenpolitische Sprecher Carsten Hütter. Er hat der Sächsischen Zeitung gesagt, die fatale Wandlung der Kirche zu einem linksgrünen Politverein werde offensichtlich. Es seien Vertreter der Linken eingeladen gewesen, der AfD aber nicht. Wie reagieren Sie darauf?
Arnold: Ich bin da ganz entspannt. Zunächst hat uns auch die Linke kritisiert, dass wir nur Regierungsparteien eingeladen haben. Das zeigt mir erst mal, dass das "SachsenSofa" einen Punkt in dieser Debatte in unserem Land getroffen hat, der Wirkung zeigt. Kirche bringt dieses Gespräch voran und scheinbar auch auf.
Ich widerspreche da Herrn Hütter, auch die AfD hat eine Einladung bekommen. Die Einladung war für den Sommer, dort möchten wir mit allen Fraktionsvorsitzenden ein letztes "SachsenSofa" vor der Landtagswahl machen. Das wäre dann das Abschlusspodium.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.