"Wir erwarten, dass die Gewalt der vergangenen Tage komplett aufhört und man wieder legitim über Jerusalem diskutieren kann, nicht nur auf politischer, sondern auch auf religiöser und kultureller Ebene", sagte Erzbischof Pierbattista Pizzaballa am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Jerusalem.
Zugleich beklagte er das Fehlen einer Politik, die konkrete Visionen und Perspektiven für die Zukunft entwickeln und aufzeigen könne. Dies sei die Ursache für Frustrationen und Orientierungslosigkeit der Menschen in der Region. Es brauche eine Politik, die die Erwartungen der jeweiligen Völker in konkrete Entscheidungen über das Land übersetzt.
Auswirkungen auf tägliches Leben
Die Bevölkerung sehne sich nach Gerechtigkeit, Recht und Wahrheit. Das möge rhetorisch klingen, aber "in unserem Kontext haben sie konkrete und präzise Auswirkungen auf das tägliche Leben, auf die Bewegungsfreiheit, auf Verdrängungen, Genehmigungen, Familienzusammenführung und das tägliche Leben aller christlichen Familien".
Ausdrücklich wandte sich Pizzaballa gegen Veränderungen im Status quo von Jerusalem, der das Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen regelt. Die katholische Kirche setze sich dafür ein, diesen Status quo im Einklang mit den UN-Resolutionen zu respektieren. Einseitige Entscheidungen führten nicht zum Frieden, sondern davon weg.
Schatz der gesamten Menschheit
"Jerusalem ist ein Schatz der gesamten Menschheit. Sie exklusiv in Anspruch zu nehmen, sei es politisch oder religiös, widerspricht der ureigenen Logik dieser Stadt." Pizzaballa äußerte die Hoffnung, dass die jüngste Krise in Jerusalem keinen Pilger von einer geplanten Reise ins Heilige Land abschrecke.
Zufrieden zeigte er sich zugleich über eine Verbesserung der ökumenischen Beziehungen. Dazu habe maßgeblich die gemeinsame Renovierung und Einweihung der Rotunde in der Grabeskirche im vergangenen März beigetragen. Sehr bewegt äußerte sich der Patriarchatsleiter über seinen jüngsten offiziellen Pfarreibesuch bei den rund 1.200 Christen in Gaza. Für sie bestünde keine konkrete Bedrohung, durchaus aber ein beachtlicher sozialer Druck.