Von Bienen genährt
Es ist vielleicht die bekannteste Legende, die sich um den heiligen Ambrosius rankt: Ein Schwarm Bienen setzt sich auf die Lippen des noch in der Wiege liegenden Jungen und nährt das Kind mit Honig. Stiche trägt der Knabe von der wundersamen Begegnung nicht davon, dafür eine honigsüße Sprache, die später viele in den Bann ziehen wird. Der älteste der vier großen lateinischen Kirchenväter ging auch als streitbarer Kämpfer in die Geschichte ein, der sich nicht scheute, sich für den wahren Glauben selbst mit Kaisern anzulegen.
Wesengleichheit von Got und Christus?
Zu kämpfen hatte Ambrosius von Mailand genug. Ist Jesus Christus eines Wesens mit Gott, dem Vater, oder durch diesen geschaffen? Der auch als Arianerstreit bekannte anhaltende Dissens zu dieser zentralen Glaubensfrage war es letztlich, der Ambrosius auf den Bischofssitz brachte. Eigentlich hatte das Konzil von Nicäa 325 die Frage zugunsten der Trinitarier geklärt. Mailand aber blieb auch nach Nicäa eine Hochburg der Lehre des Arius, nach der Jesus Christus nicht wesensgleich mit Gott sei, sondern dessen vornehmstes Geschöpf.
Ihr hing auch Mailands Bischof Auxentius an, dessen Tod 374 zu einem Aufflammen des Konflikts zwischen den Anhängern beider Positionen führte.
"Ambosius Bischof!"
Ambrosius, seines Zeichens zu dieser Zeit höchster Verwaltungsbeamter für Oberitalien, versuchte den Streit zu beenden - und endete als Nachfolger des Auxentius. Der überlieferte Ausruf eines Kindes - "Ambrosius Bischof!" - soll die Zustimmung der Menge gefunden haben, die den damals noch nicht einmal getauften Beamten daraufhin zum Bischof akklamierte.
Gesagt, getan. In nur einer Woche soll Ambrosius getauft und schließlich zum Bischof geweiht worden sein, nach aktuellem Forschungsstand am 7. Dezember 374. Der 7. Dezember ist heute im römisch-katholischen Heiligenkalender der Gedenktag des Ambrosius - und in vielen Länder auch der "Tag des Honigs".
Aufgabe der Beamtenlaufbahn
Die kirchliche Karriere war dem Mann aus wohlhabendem Haus dabei nicht unbedingt in die Wiege gelegt worden. 397 in Trier als jüngster Sohn des römischen Statthalters für Gallien geboren, erhielt Ambrosius in Rom seine Ausbildung und schlug zunächst selbst erfolgreich eine Beamtenlaufbahn ein. Einmal geweiht, verteilte er sein Hab und Gut an Bedürftige.
Als Bischof bot Ambrosius, der sich mit Eifer in seine neue Aufgabe einarbeitete, ohne Ansehen von Rang und Person jedem die Stirn, der für etwas anderes als den wahren Glauben stand. Ambrosius prägte nicht nur Sätze wie "Wir zahlen dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört". Mit seinen Hymnen wurde er auch zu so etwas wie der Vater der Kirchenmusik. Der Text eines der ältesten Weihnachtslieder - "Komm, du Heiland aller Welt" - stammt aus seiner Feder.
Mailänder Liturge: "Ambrosianischer Ritus"
Bis heute wird in und um Mailand sowie in Teilen des Bistums Lugano der nach ihm benannte "ambrosianische Ritus" (Mailänder Liturgie) gefeiert, der gegenüber seinem römischen Pendant zahlreiche Eigenarten behaupten konnte. Neben Besonderheiten im Ablauf der Messen werden diese vor allem im Kirchenjahr sichtbar, wenn etwa die Fastenzeit erst am Sonntag nach Aschermittwoch beginnt oder der Advent sechs statt vier Sonntage umfasst.
Lateinische Texte prägten Theologie
Auch Predigten, Bibelauslegungen und philosophische Schriften sind von Ambrosius erhalten. Zeitgenossen beurteilten den Wert seiner Ausführungen dabei durchaus unterschiedlich. Hieronymus warf dem Bischof vor, sich mit fremden Federn zu schmücken und aus gutem Griechisch schlechtes Latein zu machen. Dagegen zog Ambrosius den jungen Augustinus derart in den Bann, dass er durch ihn zum Glauben kam und sich von ihm 387 taufen ließ.
Ein wichtiger Beitrag zur theologischen Entwicklung der westlichen Kirche war - eigene theologische Gedanken hin oder her - sicher die Übersetzungsleistung des Ambrosius, der die Texte der östlichen Kirchenväter in die lateinische Welt brachte.
Nach 23 Jahren als Bischof von Mailand starb Ambrosius am 4. April 397, im Morgengrauen des Karsamstags. Er wurde in der nach ihm benannten Basilika Sant'Ambrogio bestattet, wo er bis heute verehrt wird.
(Der Text erschien erstmalig am 4. April 2022.)