Es habe "die besten und die schlechtesten Zeiten" gebracht, heißt es in der Weihnachtsbotschaft von Patriarch Fouad Twal. Als herausragende Ereignisse nannte er etwa den Besuch von Papst Franziskus im Mai und die Ankündigung der Heiligsprechung zweier Palästinenser einerseits sowie wachsende Gewalt im Heiligen Land und den Gaza-Krieg andererseits. Die Botschaft des Patriarchen wurde am Donnerstag in Jerusalem stellvertretend von Patriarchalvikar Weihbischof William Schomali vorgestellt.
"Leider befindet sich unsere geliebte Heilige Stadt Jerusalem in Blut und Tränen", so Twal wörtlich. Man wolle keine religiöse Spaltung, denn die Aufgabe Jerusalems sei es, "die Stadt des Friedens und des interreligiösen Zusammenlebens zu sein". Der Patriarch rief die politische Führung von Israelis und Palästinensern zum Vorantreiben einer Lösung auf. Gleichzeitig betonte er die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft als Vermittlerin. Am Sonntag besucht Twal wie traditionell zu Weihnachten die Pfarrei in Gaza.
Angst vor politischem Druck
Beunruhigt zeigte sich das Oberhaupt der lateinischen Katholiken im Heiligen Land auch über die Entwicklungen im Streit um ein geplantes Mauerstück in Cremisan bei Beit Dschallah. Die jüngste Anhörung vor dem Obersten Gericht lasse fürchten, dass das Gericht entscheide, die Ländereien von 58 palästinensischen christlichen Familien von Beit Dschallah durch den Mauerbau abzutrennen. Twal äußerte die Hoffnung, die Richter mögen "von ethischen Prinzipien inspiriert werden und nicht von politischem Druck".
Mit Blick auf die Familiensynode im Vatikan vom Oktober betonte Twal, im Heiligen Land habe man ein anderes Hauptanliegen. Viele Familien litten unter dem Fehlen rechtsgültiger Dokumente. Vor allem bei Ehen zwischen Palästinensern und Nichtpalästinensern stünden die Paare vor der Schwierigkeit, ein Visum oder eine Aufenthaltsgenehmigung für den nicht-palästinensischen Ehepartner zu erhalten.
Twal rief die israelische Regierung auf, die derzeitig geltenden Beschränkungen für die Familienzusammenführung zu lockern. Er begrüßte die in der vergangenen Woche ausgesprochene Anerkennung von Familienzusammenführung in rund 600 Fällen. Allerdings sei dies "bei weitem noch nicht ausreichend angesichts der großen Zahl von Fällen".
Reise nach Gaza
Am Sonntag reist der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal, zu seinem traditionellen Weihnachtsbesuch in den Gazastreifen. Dort feiert er mit der kleinen katholischen Minderheit in der katholischen Pfarrei in Gaza eine Messe.
Die Lage in dem von Israel abgeriegelten Landstrich ist nach den 50 Tage dauernden Kampfhandlungen im Sommer besonders prekär. In seiner am Donnerstag in Jerusalem vorgestellten Weihnachtsbotschaft hatte Twal den "verheerenden Krieg" und seine "tragischen Folgen" verurteilt und die politisch Verantwortlichen zu Verantwortung gerufen.
Zurzeit leben im Gazastreifen noch 1.300 Christen, darunter etwa 170 Katholiken. 700 von ihnen im Alter von unter 14 Jahren und über 35 Jahren haben nach Angaben des Patriarchates zum bevorstehenden Weihnachtsfest eine Reisebewilligung von den israelischen Behörden erhalten.