Die Kirche müsse überlegen, wo sie in der Hansestadt gebraucht werde und die Gesellschaft nach vorne bringe könne, sagte er am Wochenende in Bremen. Die Kirche dürfe die Gesellschaft nicht als Bedrohung verstehen, sondern müsse sie als Sprungbrett begreifen. Sie sollte Bündnispartner in der Stadt suchen, etwa bei der Feuerwehr, der Polizei, in Kinos oder bei Künstlern.
Vision erinnere an Obama und Merkel
Der Theologe äußerte sich nach Angaben des Katholischen Gemeindeverbandes Bremen vor fast 100 Teilnehmenden eines analogen und digitalen Stadtpastoraltags, auf dem es um die Weiterentwicklung von Kirchengemeinden, katholischen Verbänden und Einrichtungen ging. Grundlage dafür war eine Umfrage zur Zukunft der Kirche von Anfang 2021, aus deren Antworten eine Arbeitsgruppe eine Vision mit dem Titel "Kirche kann" entwickelt hatte.
Sellmann sagte, diese Überschrift erinnere ihn positiv an das "Yes we can" von Barack Obama und den Satz "Wir schaffen das" von Angela Merkel. Er forderte die Kirche in Bremen auf, in neue Projekte zu investieren und dabei über die eigenen geistlichen Kraftquellen nachzudenken. "Wir wollen hier keine Kirche sein, die im Keller von Bremen das Licht ausmacht", betonte der Leiter des Zentrums für angewandte Pastoralforschung in Bochum.
Die Intendantin von Radio Bremen, Yvette Gerner, sagte bei dem Stadtpastoraltag, sowohl der öffentlich-rechtliche Rundfunk als auch die Kirchen fragten sich, wie sie zum Gemeinwohl beitragen können. Nicht nur die Kirchen überlegten, wie sich die Jugend gewinnen lasse.
Bischof Bode: Bremen als Seismograph
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode bezeichnete Bremen als ein ganz spannendes Feld der Seelsorge. Die Minderheiten-Situation der Katholiken in der Großstadt sei ein Seismograph für Entwicklungen, die sich künftig im gesamten Bistum zeigen würden. In Bremen leben rund 43.700 katholische Christen, was einem Anteil von rund neun Prozent an der Bevölkerung entspricht.
Am Ende der Tagung lobte der Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe das Engagement der Teilnehmenden. "Das ist nicht selbstverständlich." Nun müsse auch entschieden werden, "was Sie nicht mehr machen", so Wübbe. "Übernehmen Sie sich nicht!"