Kirche muss sich laut Theologe mit Intersexualität befassen

Grundsätzliche Fragen des christlichen Menschenbildes

Das Bundesverfassungsgericht hatte erst kürzlich entschieden, dass ein dritter Geschlechtseintrag im Geburtenregister nötig sei. Dies habe auch theologischen Klärungsbedarf, meint der Kirchenrechtler Thomas Schüller und sieht die Kirche gefragt.

Symbolbild Intersexualität / © Peter Steffen (dpa)
Symbolbild Intersexualität / © Peter Steffen ( dpa )

Die Deutsche Bischofskonferenz müsse sich ganz konkret mit den melderechtlichen Fragen auseinander setzen, sagte der Münsteraner Theologe der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt". Es gebe in Deutschland die weltweit einmalige Situation, dass die Kirchen die gesamten Meldedaten vom Staat bekämen.

Sie seien deshalb auch verpflichtet, die Personenstandsdaten eins zu eins in ihren Erfassungssystemen abzubilden. "Zu den Kerndaten wird das dritte Geschlecht gehören. Das müssen die Kirchen bei sich auch so eintragen." Sollte die Kirche diesen Schritt nicht nachvollziehen, "könnte der Staat mit guten Gründen die bisher komplikationsfreie Datenweitergabe kritisch bedenken".

Vatikan sei gefragt

Theologisch sieht der Kirchenrechtler vor allem den Vatikan gefragt: "Was die Sakramentenlehre anbelangt, Taufe, Ehe, Weihe, aber auch die Frage des Eintritts in einen Männer- oder Frauenorden - damit muss Rom sich befassen."

Nach gegenwärtigem Stand der katholischen Lehre könne etwa nur ein eindeutiger Mann eine eindeutige Frau heiraten. Auch der Zugang zur Priesterweihe bleibe verwehrt, wenn keine eindeutige Geschlechtszuweisung erkennbar sei, so der Kirchenrechtler weiter.

Hier gebe es ja bereits eine Grundsatzentscheidung der Glaubenskongregation noch unter Kardinal Joseph Ratzinger, dass Frauen, die durch Geschlechtsumwandlung Männer wurden, nicht zur Weihe zuzulassen seien, da sie von Geburt immer ein naturrechtlich feststehendes Geschlecht hätten.

Grundsätzliche Fragen des christlichen Menschenbildes

Laut Schüller geht es aber auch um ganz grundsätzliche Fragen des christlichen Menschenbildes, zu der sich die Glaubenskongregation verhalten müsse. "Die Wirklichkeit ist komplexer als ein klassisches binäres Menschenbild."

Nach Einschätzung Schüllers sind in dieser Frage allerdings kaum Fortschritte zu erwarten. "Ich wäre schon zufrieden, wenn Rom sagen würde: Okay, wir müssen diese zwischen beiden Geschlechtern geborenen Menschen als Ebenbilder Gottes betrachten. Wir nehmen sie so, wie sie sind, und ordnen sie nicht gewaltsam den Kategorien Männer oder Frauen zu. Wenn so eine Aussage schon käme, wäre viel gewonnen."


Quelle:
KNA
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