Kirche und UN kritisieren Behörden wegen Schlammkatastrophe

Die große Ungewissheit in Brasilien

Experten der Vereinten Nationen (UN) und Vertreter der katholischen Kirche kritisieren die einheimischen Behörden und die verantwortlichen Unternehmen anlässlich des Jahrestages der Schlammkatastrophe in Südostbrasilien.

Schlammlawine am brasilianischen Rio Doce  / © Thomas Milz (KNA)
Schlammlawine am brasilianischen Rio Doce / © Thomas Milz ( KNA )

Ein Jahr nach dem verheerenden Dammbruch eines Erzabraumbeckens seien Probleme wie die Trinkwasserversorgung und die Entschädigung Betroffener immer noch nicht gelöst, mahnten die Fachleute am Freitag. Bei dem Dammbruch am 5. November 2015 waren 19 Menschen getötet sowie Täler und Flüsse über Hunderte Kilometer verseucht worden. Dringend müsse daher die Trinkwasserversorgung der rund sechs Millionen entlang der Verwüstungsschneise lebenden Menschen gewährleistet werden, so die UN-Experten.

Direkt nach dem Unglück war die Trinkwasserentnahme aus den betroffenen Flüssen kurzfristig unterbrochen worden. Vor allem im Fluss Rio Doce waren erhöhte Schwermetallwerte gemessen worden. Trotzdem war die Wasserentnahme sehr schnell wieder aufgenommen worden.

Schleppender Wiederaufbau

Auch der Wiederaufbau der vom Schlamm zerstörten Siedlungen müsse deutlich schneller vorangehen, forderten die UN-Mitarbeiter. Bisher sehen die Pläne des für das Unglück verantwortlichen Bergbauunternehmens Samarco vor, die Dörfer bis spätestens 2019 wieder aufzubauen. Samarco und seine Eigentümer, die brasilianische Vale und die australische BHP Billiton, hätten bisher zudem zu wenig getan um das weitere Auslaufen von Schlamm aus den Abraumbecken zu unterbinden, kritisierten die Experten weiter.

Auch der Hilfskoordinator der in der katholischen Kirche für die Region zuständigen Erzdiözese Mariana beklagte am Freitag einen Mangel an Informationen zu Entschädigungen und Wiederaufbau: "Wir haben immer noch mehr Ungewissheit als Gewissheiten", sagte Geraldo Martins Dias der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Zwar habe das verantwortliche Unternehmen Samarco die Bewohner der am schlimmsten betroffenen Dörfer provisorisch untergebracht und zahle ihnen Übergangsgelder; das Zeitfenster für den Wiederaufbau sei jedoch weiter unklar. "Auch bei der Registrierung der Opfer und der Ermittlung der Schadenssummen sind wir noch nicht weit." Die Opferfamilien seien von den Diskussionen erschöpft. "Sie wissen nicht, wie ihre Zukunft aussieht."

Zusätzliche Diskriminierung

Einige Betroffene litten zudem unter Diskriminierung durch die Bevölkerung; ihnen werde vorgeworfen, sich an dem Unglück bereichert zu haben. "Wir fürchten, dass da Opfer in Täter verwandelt werden sollen. Und die für dieses Umweltverbrechen Verantwortlichen werden als Opfer dargestellt."

Mit Blick auf die Zukunft des Bergbaus, von dem rund 80 Prozent der Menschen lebten, warnte Geraldo vor Stillstand. Zugleich müssten jedoch die Methoden hinterfragt werden, sagte er unter Verweis auf derzeitige Beratungen des neuen Bergbaugesetzes im Kongress. "Der Mensch und die Umwelt müssen im Zentrum stehen, nicht die Gewinne." Außerdem müssten die Behörden die Branche stärker kontrollieren.


Quelle:
KNA