Ein solcher gemeinsamer Gottesdienst sei ein Novum in der Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen, sagte Schick. Er erinnerte daran, dass in der katholischen Kirche die deutsch-polnische Versöhnung 1965 mit einem Briefwechsel der Bischofskonferenzen beider Länder begonnen habe. "Die gereichten und ergriffenen Hände sollen immer ineinander bleiben", sagte der Erzbischof. Schick betonte vor mehreren hundert Menschen, die Deutschen dächten "mit Scham und Reue" an das Geschehene. Der Friede in der Welt sei auch heute "von vielen Seiten gefährdet". So könne die Politik ihn gefährden, "wenn sie nationalistisch wird" und nicht das Wohl der Menschen im Blick habe. Schick ist auf deutscher Seite Vorsitzender der binationalen Kontaktgruppe auf Bischofsebene.
Mit dem deutschen Überfall auf Polen hatte am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg begonnen. "Die gereichten und ergriffenen Hände sollen immer ineinander bleiben", betonte Schick. Politik könne "den Frieden gefährden, wenn sie nationalistisch wird und nicht das Wohl aller Menschen weltweit im Blick" habe, so der deutsche Vorsitzende der Kontaktgruppe der beiden Bischofskonferenzen.
In seiner Predigt sagte der polnische Vorsitzende der Kontaktgruppe, Bischof Wiktor Skworc: "Der letzte Krieg hat den Menschen, und was er erreicht hat, bis zu den Fundamenten zerstört." Die Kirche in Deutschland und in Polen dürfe nicht den Fehler begehen, "die Opfer aufzuzählen und so das Leid zu messen".
Der Warschauer Erzbischof Kazimiercz Nycz forderte dazu auf, weiter um Versöhnung zu beten. Er bezeichnete Krieg als "das Debakel des authentischen Humanismus und die Katastrophe der gesamten Menschheit". Die europäischen Nachbarländer seien dazu aufgerufen, immer neu nach Wegen der Freundschaft zu suchen.
Bischof Huber würdigt Versöhnungsbemühungen nach dem Krieg
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hat die Bemühungen um Frieden und Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg gewürdigt. Die Erfahrungen in Europa ermutigten dazu, in den heutigen Konflikten zivilen und friedlichen Lösungswegen klaren Vorrang zu geben, sagte Huber am Sonntag in einer Predigt zum 70. Jahrestag des Kriegsbeginns in der St. Marienkirche in Berlin. "Wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten", mahnte der Berliner Bischof.
"Es kann in unserer Zeit nicht mehr darum gehen, einen Krieg zu rechtfertigen, im äußersten Fall können höchstens anhand strenger ethischer und völkerrechtlicher Kriterien Maß und Grenzen 'rechtserhaltender Gewalt' bestimmt werden", sagte der höchste Repräsentant der Protestanten in Deutschland laut Manuskript in seiner Predigt. Aus der Verantwortung für einen gerechten Frieden ergebe sich der Vorrang ziviler Konfliktlösungen.
70 Jahre nach Kriegsbeginn gehöre die Klage über die unzählbaren Opfer des am 1. September 1939 von Deutschland entfesselten Krieges und der Dank für Wege des Friedens nach Kriegsende zusammen, unterstrich Huber. Der Ratsvorsitzende hob die Versöhnungsbemühungen von beiden Seiten nach Kriegsende hervor. Dazu zählten das Wirken der Aktion Sühnezeichen, zahlreiche Initiativen zur Begegnung und Verständigung sowie Partnerschaften zwischen kirchlichen Regionen und Kirchengemeinden.
Huber würdigte die Dokumente der Versöhnung wie die Ostdenkschrift der EKD von 1965 und den Brief der polnischen katholischen Bischöfe aus dem gleichen Jahr. "Es wurde um Vergebung gebeten, und es wurde Vergebung gewährt. So brach sich der Geist des Friedens Bahn", unterstrich der Berliner Bischof. Er erinnerte auch an die Stuttgarter Schulderklärung der EKD vom Oktober 1945. Darin hatten die EKD-Ratsmitglieder bekannt: "Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden." Das Schuldbekenntnis verbanden sie mit der Hoffnung auf einen "neuen Anfang".
"Erst vor zwanzig Jahren fiel der Eiserne Vorhang. Erst vor fünf Jahren traten unsere östlichen Nachbarn der Europäischen Union bei. Umso mehr staunen wir darüber, dass es auch vorher schon wichtige Ansätze friedlichen Zusammenlebens über Grenzen hinweg gab", erklärte Huber. "Unschätzbare Vorstufen waren dies für das, was nun im gemeinsamen europäischen Haus seit zwanzig Jahren wachsen kann."