Kirchen gegen Ladenöffnung am Samstagabend

Wann beginnt der Sonntag?

Die beiden großen christlichen Kirchen in NRW haben in einem gemeinsamen Brief an die Landtagsabgeordneten appelliert, die Ladenöffnungszeiten nicht völlig freizugeben. Die uneingeschränkte Öffnungszeit an Werktagen könne bei den Beschäftigten und großen Teilen des Handels soziale, psychische und auch wirtschaftliche Probleme verursachen, heißt es in dem am Mittwoch in Düsseldorf veröffentlichtem Schreiben. Auch müssten Sonn- und Feiertage weiter geschützt werden. Die Kirchen sprechen sich dafür aus, entgegen den Plänen der Landesregierung die Geschäfte an Werktagen von Montag bis Freitag bis 20 Uhr, höchstens bis 22 Uhr, zu öffnen.

 (DR)

Unzumutbare Arbeitsbedingungen
Die Bischöfe und Präsides erinnern daran, das die rechtlichen Bestimmungen zu den Ladenöffnungszeiten die Beschäftigten im Einzelhandel vor überlangen und sozial ungünstigen Arbeitszeiten schützen sollen. Ein Ladenöffnungsgesetz sollte einen Ausgleich zwischen den Interessen der Verbraucher, des Handels und der Mitarbeitenden schaffen. Die vorgeschlagene Ladenöffnung „rund um die Uhr" könne jedoch zu Arbeitsbedingungen führen, die kaum zumutbar sind, heißt es in dem Appell.

Samstag: Feierabend um 18 Uhr
Um den in der Landesverfassung gesicherten Schutz der Sonn- und Feiertage auch künftig zu gewährleisten, plädieren die Kirchen für eine Schließung der Geschäfte an Samstagen und vor Feiertagen um 18 Uhr, spätestens um 20 Uhr. Bei einer Öffnung bis 24 Uhr würden die Beschäftigten erst zwischen ein und zwei Uhr in der Nacht zu Hause sein. Dadurch wäre der Sonntagsschutz unterlaufen.

In ihrem Schreiben bitten die Kirchen die Abgeordneten zudem, das neue Ladenschlussgesetz so zu fassen, dass eine Begrenzung der verkaufsoffenen Sonn- und Feiertage nicht unterwandert werden kann. Dies wäre nach Ansicht der Kirchenführer zum Beispiel möglich, wenn jeder Stadtteil eigene verkaufsoffene Sonntage festlegen könnte.

Außerdem solle sich die Ausnahmeregelung nicht nur auf Sonntage, sondern auch auf Feiertage beziehen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen Verkaufsstellen bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein dürfen.

Den Brief an die Landtagsabgeordneten haben die Präsides der rheinischen und westfälischen Kirche, Nikolaus Schneider und Alfred Buß, und der Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, Martin Dutzmann, sowie die Erzbischöfe von Köln und Paderborn, Kardinal Joachim Meisner und Hans-Josef Becker, und die Bischöfe von Aachen, Essen und Münster, Heinrich Mussinghoff, Felix Genn und Reinhard Lettmann, unterschrieben.

Der Gesetzentwurf soll noch vor der Adventszeit im Dezember verabschiedet werden.

Käßmann nennt Ladenöffnung an Adventssonntagen "irrwitzig"
Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann hat den Sonntagsschutz als "Gebot für den Menschen" bezeichnet. Es sei "irrwitzig", dass beispielsweise in Berlin die Geschäfte an allen vier Adventssonntagen sowie an sechs zusätzlichen Sonntagen geöffnet werden sollen, sagte sie am Donnerstag dem ZDF-Morgenmagazin.

Die Bischöfin befürchtet ein "kollektives Burn-Out-Syndrom", wenn Phasen des Schaffens und Phasen der Ruhe für sich selbst und für die Familie nicht mehr eingehalten würden. Orientierung und gesellschaftlicher Zusammenhalt entstehe auch durch gemeinsame Zeiten, betonte sie.

Käßmann wies darauf hin, dass die Adventszeit früher eine vorbereitende Fastenzeit gewesen sei. Sie habe zwar nichts dagegen, wenn der Einzelhandel am Advent auch verdiene. Aber der "Rummel" solle doch von Montag bis Samstag stattfinden. Dann könne der Sonntag der inhaltlichen Besinnung darauf dienen, was am Advent geschehe.

Bayern bleibt dabei
Anders als Berlin beschloss Bayern am Mittwochabend, die Ladenöffnungszeiten nicht zu ändern. Eine Initiative, die Öffnungszeiten aufzuheben oder zumindest bis 22 Uhr zu verlängern, endete bei einer Abstimmung in der der CSU-Landtagsfraktion mit einem Patt: 51 Abgeordnete votierten für die Änderung, 51 dagegen, sagte der Fraktionsvorsitzende Joachim Hermann. Die CSU wolle nun nach einer Bedenkzeit einen neuen Anlauf für eine Diskussion um das Thema nehmen, sagte er.