Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf wünscht sich eine stärkere Gemeinschaft der katholischen und evangelischen Kirche "mit allen Menschen guten Willens". Die Gemeinschaft müsse intensiviert werden, betonte Kohlgraf an diesem Sonntag.
Das Bild, das das Neue Testament von der Kirche zeichne, sei "nicht das Bild einer kleinen, reinen und heilen Gemeinschaft, die für sich bleibt", sagte Kohlgraf am Sonntag in einer Predigt im Ökumenischen Gemeindezentrum Darmstadt-Kranichstein laut Manuskript.
"Es ist ein Bild unserer Kirchen, die sich nicht als exklusiven Club verstehen, sondern in eine Gemeinschaft mit allen Menschen guten Willens eintreten, sich mit ihnen hinsetzen, teilen und gemeinsame Wege gehen.."
Einstimmung auf den ÖKT
Kohlgraf äußerte sich am Ökumenischen Kirchentagssonntag, an dem Gemeinden christlicher Konfessionen gemeinsam Gottesdienste zur Einstimmung auf den Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) im Mai feiern. Der Kirchentagssonntag soll mit zahlreichen prominent besetzten Gottesdiensten bundesweit und im Netz "neugierig machen, informieren und motivieren", wie die ÖKT-Veranstalter mitteilten.
"Schaut hin"
Alle Predigttexte bezogen sich jeweils auf das Leitwort "Schaut hin" des 3. ÖKT, der vom 13. bis 16. Mai von Frankfurt aus weitgehend digital stattfindet. Kohlgraf ermutigte dazu, mit Gottes Hilfe Grenzen zu überwinden. "Es gibt die Grenzen der Tradition: Das hat es noch nie gegeben, das brauchen wir nicht, sagen viele auch im Hinblick auf die Möglichkeiten der Kirche oder gar die Möglichkeiten Gottes", so Kohlgraf.
Auch digital ein demokratisches Miteianander
"Nicht selten sperrt man Gott in die Grenzen der eigenen Vorstellungswelt ein". Und es gebe die Begrenzung, "die Wirklichkeit auch der Kirche und des Glaubens auf das Planbare und Machbare zu reduzieren".
Der Mainzer Bischof sagte, der Ökumenische Kirchentag bringe auch in der veränderten, digitalen Form die Themen des Friedens, des demokratischen Miteinanders und der gemeinsamen Verantwortung für die Schöpfung zur Sprache. "Es wäre jedoch eine Verkürzung, wenn man diese politische Agenda von den geistlichen Wurzeln trennen würde", sagte Kohlgraf. "Die Quelle, aus der wir schöpfen wollen, ist der Glaube an Gott."
Bischof Bätzing feiert in Wiesbadener Lutherkirche
Der Limburger Bischof und Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte, dass Motto "Schaut hin!" erinnere ihn daran, dass Wirklichkeit immer vielgestaltig und nur selten eindeutig sei. Um ein Bild der Wirklichkeit zu zeichnen, brauche es unterschiedliche Perspektiven. Für ihn sei dies "eine der schönsten Erfahrungen im ökumenischen Miteinander".
Bätzing feierte in der Lutherkirche Wiesbaden mit der evangelischen Pfarrerin Ursula Kuhn einen gemeinsamen Gottesdienst. Bätzing betonte: "Wenn wir das Wort Gottes miteinander teilen, dann sind wir Kirche, dann sind wir beides, Werkzeug und Zeichen der Gottesherrschaft in unserer Zeit."
Bischof Gerber: Jesus verändert den "Blick auf die Welt"
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung sagte in seiner Predigt in der Limburger Bischofskapelle, das Leitwort des Kirchentages verweise auf die Stärke, die vom christlichen Glauben ausgehen könne: "Gottes Kraft fängt an, in uns zu wirken, wenn wir genau hinschauen. Wenn wir sehen, was uns geschenkt und gegeben ist, und wenn wir anfangen, das miteinander zu teilen. Dann werden Wunder wahr!"
In der Stiftskirche im hessischen Kaufungen griffen die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Beate Hofmann, und der katholische Fuldaer Bischof Michael Gerber das Leitwort "Schaut hin!" auf. Es gehe nicht um einen Blick, der "abschätzt, taxiert und verurteilt", sondern "das noch unentdeckte Potenzial sieht", sagte Hofmann. Gerber betonte, das dem Markusevangelium (Mk 6,38) entnommene Leitwort sei ein Wort Jesu, das die Kraft habe, "unseren Blick auf die Welt zu verändern".
Julia Helmke, Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages (DEKT), ermutigte in ihrer in der Wiesbadener Marktkirche verlesenen Predigt dazu, mehr miteinander zu teilen. "Wenn wir nicht ängstlich und eng die Ressourcen bei uns behalten, sondern geben, teilen. Und uns dabei trauen auf Gottes Kraft zu vertrauen. Das ist das Wunder." Helmke konnte die Predigt nicht selbst halten, weil ihr die Anreise nach Wiesbaden "aufgrund der Witterungsbedingungen unmöglich" war, wie es hieß.