Kirchen und Regierung kritisieren Wegwerf-Gesellschaft

Im Überfluss

Zu einem besseren Umgang mit Lebensmitteln haben Bundesregierung und Kirchen in einem gemeinsamen Appell aufgerufen.
Lebensmittel seien in Deutschland zwar im Überfluss vorhanden, sie sollten aber stärker wertgeschätzt werden, erklärten Kirchenvertreter am Donnerstag beim Besuch einer Ausgabestelle der "Berliner Tafel".

 (DR)

Die designierte Berliner Caritas-Direktorin Ulrike Koska machte darauf aufmerksam, dass alle 70 Kitas des Erzbistums Berlin Wert darauf legten, Kindern eine gesunde Ernährung zu ermöglichen. Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, würdigte die Arbeit der rund 1.300 Ehrenamtlichen in den "Berliner Tafeln". "Die Ausgabestellen führen uns täglich vor Augen, dass es nicht nur in anderen Ländern großen Mangel gibt", so Dröge. Er bezeichnete es als "beschämend", dass es die Tafeln überhaupt geben müsse. Sie seien jedoch ein "Stachel im Fleisch der Gesellschaft."



Der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung in Berlin, Karl Jüsten, verwies auf die traditionelle Fastenzeit in den Tagen vor Ostern: "Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass wir in einer Überflussgesellschaft leben." In Deutschland würden viel zu viele Lebensmittel vernichtet. Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bernhard Felmberg, verwies darauf, dass 20 Prozent der Nahrungsmittel, die Menschen in Europa verbrauchten, in der Dritten Welt hergestellt würden.



Bei den Kindern beginnen

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) betonte: "Die Wertschätzung von Lebensmitteln beginnt bei den Kindern." Viele Menschen ernährten sich heute von Fertigprodukten. Ihnen sei der Wert frischer Lebensmittel nicht mehr bewusst. Die Ministerin warb ferner für eine "gute Resteküche, wie wir sie von unseren Großeltern kennen". Man könne auch aus übrig gebliebenen Lebensmitteln noch "tolle Gerichte" herstellen.



Laut einer von Aigner in dieser Woche vorgestellten Studie werden pro Jahr elf Millionen Tonnen verwertbare Lebensmittel weggeworfen, das sind pro Bundesbürger 81,6 Kilogramm. Die "Berliner Tafel" erhält monatlich bis zu 660 Tonnen gespendete Lebensmittel. Sie versorgt damit über 400 soziale Einrichtungen und 44 Ausgabestellen in Kirchengemeinden, die sie an bedürftige Berliner weitergeben. Die bundesweit über 800 Tafeln helfen mehr als einer Million Menschen mit gespendeten Lebensmitteln.